Klaglos in Klagenfurt 1

Also sprach Wiele

Der Bachmann-Auftakt ist schon mal fabelhaft, denn im Zug nach Klagenfurt las ich in der Frankfurter Allgemeinen von heute (4.Juli) eine kritische Einstimmung auf den Wettbewerb von Jan Wiele und eine bessere kritische Einstimmung als Wieles kann ich mir gar nicht vorstellen.

Jan Wiele hat Bücher von Ingeborg Bachmann gelesen und sich gemerkt, was drinsteht. Doch zu seinem Entsetzen nehmen am Wettlesen in Klagenfurt auch Schriftsteller teil, die keine Bücher von Ingeborg Bachmann gelesen haben und nicht wissen, was drin steht. Wiele findet das „frappierend“.

Klar, Wiele kennt sich aus und weiß: Es geht beim Bachmannpreis nicht darum, so zu schreiben wie Ingeborg Bachmann. Das wäre ja „absurd“, haha, schreibt er. Aber irgendwie wurmt ihn die Sache, und also hält er sicherheitshalber doch mal Ausschau nach ein paar heißen Sätzen aus Ingeborg Bachmanns Literatur-Schatzkästlein, die er im Befehlston brüllen kann, um diesen kenntnislosen Schriftsteller-Sauhaufen sauber ausgerichtet in Klagenfurt antreten zu lassen: lauter stramme Bachmänner.

Er selber hat nämlich, wir erinnern uns, Bücher von Ingeborg Bachmann gelesen und sich gemerkt was drinsteht. Und das sollen jetzt gefälligst alle machen. Also gibt er erst mal die am tötesten totgeritten Bachmann’sche Wahrheit zum Besten, nämlich dass dieselbe, also die Wahrheit, dem Menschen zumutbar sei. Man merkt, selbst vor komplett abgenudelten Plattitüden hat Wiele keine Angst, weshalb er umgehend zu einer greift und unserer bachmannfernen Oberflächenliteratur (Wiele) oberlehrerhaft „ins Stammbuch“ schreibt: „Aber Darstellung verlangt Radikalisierung und kommt aus Nötigung“. Wow! Wer wollte daran zweifeln, dass dieser wunderbare Satz die ultimative Schriftstellernothilfe in allen Schreibnotlagen ist.

Aber so richtig Fahrt nimmt Wiele erst auf, wenn es um Ingeborg Bachmanns Poetikvorlesung geht. Hier kehrt er den Klare-Kante-Wiele raus und erlässt Verordnungen für schlichtweg jeden Autor, wie es sich selbst die Sippe Kim nur in Nordkorea traut. Denn was von Ingeborg Bachmann in dieser Vorlesung „über ‚das schreibende Ich‘ oder den ‚Umgang mit Namen‘ in literarischen Texten gesagt wird, sollte jeder, der selbst einen verfassen möchte, einmal gehört haben.“ Also sprach Wiele.

Kurz: Ohne Bachmann geht nichts. Gar nichts. Wer ihr Werk nicht kennt, kann literarisch einpacken – soviel wurde mir klar mit Wieles Hilfe inmitten der hochdramatischen, ach, was schreibe ich: nervenzerfetzenden Alpenlandschaften auf dem Weg nach Klagenfurt. Doch das ist längst nicht alles, was Wiele allen Bachmann-Ignoranten in seinem Artikel hinreibt. Er kann‘s noch besser. Bachmanns Werk ist, schreibt er, „noch immer nicht ganz ausgemacht“. Selbst die jüngsten Editionen erfüllen nur eine „‘Basisfunktion‘ für die Forschung“, bis der „Briefnachlass“ der Autorin 2025 geöffnet werden dürfe.

Wahnsinn! Ohne das Werk Bachmanns ist man literarisch eine Null, das Werk Bachmanns aber „noch immer nicht ganz ausgemacht“ – also irgendwie noch gar nicht richtig da, noch gar nicht richtig zu verstehen.

Ja, und wie geht’s jetzt weiter? Ist die Literatur jetzt vorübergehend geschlossen, bis Bachmanns Briefe 2025 aufgemacht werden? Was sollen die Schriftsteller solange tun? Nichts mehr schreiben? Auch nichts mehr lesen? Besser ins Kino gehen? Warten, bis Wiele die Briefe sauber hinten aufschlitzt, sie liest, sich merkt und uns allen erklärt, was drinsteht? Ist das alles, was den Autoren dieser Welt übrig bleibt? Fragen über Fragen. Wer gibt Antwort? Himmel hilf! Oder besser: Wiele hilf! Wiele weiß bestimmt Bescheid.

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Klaglos in Klagenfurt – vorab

Zarte Bekanntheit! Großer Ruhm?

Der allsommerliche Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis findet jetzt zum 36. Mal statt. Rund zehn Jahre war ich nicht mehr in Klagenfurt, nun möchte ich das früher so vertraute Ritual mal wieder besichtigen. Schließlich war ich als Lektor des S.Fischer Verlags in den neunziger Jahren regelmäßiger Besucher dort. Man möchte doch gern wissen, was aus alten Bekannten so geworden ist. Sollte es Amüsantes, Auffälligen, Absonderliches zu berichten geben, will ich das gern klaglos aus Klagenfurt in der hier startenden Klaglos in Klagenfurt-Kolumne tun.

Zur besseren Übersicht schon mal die Teilnehmer-Liste 2012:

- Leopold Federmair, geboren 1957 in Wels in Oberösterreich, lebt in Hiroshima in Japan. Literarischer Übersetzer und Autor. Veröffentlichte Erzählungen, Essays und Romane, 2006 den Band Ein Fisch geht an Land und jüngst 2010 Erinnerung an das, was wir nicht waren.

- Isabella Feimer, geboren 1976 in Mödling bei Wien, lebt in Wien. Theaterregisseurin und Autorin, veröffentlichte Kurzgeschichten in Literaturzeitschriften.

- Simon Froehling, geboren 1978 in Brugg im Kanton Aargau, lebt in Zürich, schweizerisch-australischer Doppelstaatsbürger. Veröffentlichte Bühnenstücke, Prosa und Lyrik.

- Sabine Hassinger, geboren 1958 in Bad Kreuznach, lebt in Berlin. Musiktherapeutin und Autorin. Veröffentlichte Prosa und Hörspiele. Unter anderem 1997 Die Wortfürsorge.

- Lisa Kränzler, geboren 1983 in Ravensburg, lebt in Freiburg/Breisgau. Bildende Künstlerin und Autorin. Ihr ersten Roman heißt Export A.

- Inger-Maria Mahlke, geboren 1977 in Hamburg, lebt in Berlin. Romandebüt 2010 mit Silberfischchen.

- Olga Martynova, geboren 1962 in Dudinka, lebt in Frankfurt/Main. Veröffentlichte Lyrik, Essays und 2010 den Roman Sogar Papageien überleben. Und mit Jelena Schwarz das Buch: Rom liegt irgendwo in Russland. Zwei russische Dichterinnen im lyrischen Dialog über Rom 2006

- Stefan Moster, geboren 1964 in Mainz, lebt in Espoo (Finnland). Übersetzer, Lektor, Herausgeber und Autor, veröffentlichte 2011 zuletzt der Roman Lieben sich zwei.

- Matthias Nawrat, geboren 1979 in Opole in Polen, lebt im schweizerischen Biel und in Bamberg. Journalist und Autor, veröffentlichte Kurzgeschichten und den Roman Wir zwei allein.

- Hugo Ramnek, geboren 1960 in Klagenfurt, lebt in Zürich. Schauspieler, Lehrer und Schriftsteller, Romandebut 2010 mit Der letzte Badegast.

- Mirjam Richner, geboren 1988 in Gränichen im Kanton Aargau, lebt in Unterentfelden, ebenfalls Aargau. Veröffentlichte eine Kurzgeschichte und Novellen-Auszüge.

- Matthias Senkel, geboren 1977 in Greiz in Thüringen, lebt in Leipzig. Veröffentlichte Prosa, sein Debütroman Frühe Vögel erscheint 2012.

- Andreas Stichmann, geboren 1983 in Bonn, lebt in Hamburg. Autor von Erzählungen, unter anderem in dem Band Jackie in Silber. Sein Debütroman Das große Leuchten erscheint im September.

- Cornelia Travnicek, geboren in Traismauer in Niederösterreich, lebt in St. Pölten. Veröffentlichte Erzählungen und zuletzt 2012 den Roman Chucks.

Zugegeben, manche der Teilnehmer können im Literaturbetrieb eine zarte Bekanntheit für sich reklamieren, aber literarische Berühmtheiten sind definitiv nicht darunter. Das war früher gelegentlich anders, als Ulrich Plenzdorf beispielsweise 1978 lange nach seinen Leiden des jungen W. oder Hermann Burger 1985 deutlich nach Schilten und Die künstliche Mutter in Klagenfurt antraten und naturgemäß gewannen. Der Bachmann-Wettbewerb ist heute zu einer literarischen Nachwuchsveranstaltung geworden, auch wenn manche antretenden Autoren schon satt in den Fünfzigern stehen. Aber das macht nichts, auch der Nachwuchs, oder besser: gerade der Nachwuchs braucht seine Chance, und wenn er sie hier kriegt, ist das eine saubere Sache. Also: Von mir keine Klagen aus Klagenfurt, zumal Nachwuchs ja immer für Überraschungen gut ist. Man darf gespannt sein.

Hier die Homepage: http://bachmannpreis.eu/de/information/3739
Hier das Programm: http://bachmannpreis.eu/de/bachmann_preis/3890

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E.L. James antwortet nicht

“Bitte keine Fragen, die Sadomasochismus focussieren!”

Die neue britische Star-Autorin E.L.James schreibt in ihrer Trilogie 50 Shades of Grey über ein ungleiches Liebespaar, deren sexuelle Leidenschaft SM und Bondage gilt. Und sie ist rasend erfolgreich damit: Ihre drei Romane stehen an der Spitze sämtliche Bestsellerlisten – in Deutschland bei Amazon sogar bevor das Buch überhaupt ausgeliefert worden ist. Doch Fragen zu SM darf man der Autorin nicht stellen, wie ich feststellen musste. Wieviel Heuchelei und Verklemmtheit steckt in dem angeblichen Tabubruch der drei Bücher?

E.L.James: "Shades of Grey. Geheimes Verlangen" Erscheint am 9. Juli im Goldmann Verlag

Der Goldmann Verlag war vergangene Woche so freundlich, mir ein Email-Interview mit der britischen Erfolgsautoren E.L.James anzubieten. Ihre Trilogie 50 Shades of Grey ist sagenhaft erfolgreich in den Vereinigten Staaten: Seit April wurden die drei Bücher dort 15 Millionen mal verkauft (einschließlich der eBook-Verkäufe). Goldmann wird den ersten Band Geheimes Verlangen am 9. Juli in einer Auflage von 500.000 Exemplaren in Deutschland ausliefern. Bei Amazon.de steht er bereits seit dem 20. Juni auf Platz 1 der Bestsellerliste – soviele Vorbestellungen für das Buch sind bereits eingegangen. (Seit gestern ist es, so viel ich weiß, bei Amazon als eBook auf deutsch erhältlich.)

Auch wenn ich skeptisch bin, was die literarischen Qualitäten der Bücher angeht, wollte ich die Chance, ein Interview mit E.L.James zu führen, gern wahrnehmen. Denn ein solcher Erfolg ist allein schon aus sozialpsychologischen Gründen aufschlussreich: Warum interessieren sich so viele Menschen in so kurzer Zeit für diese Bücher. Bücher die, wie seit Beginn der E.L.James-Success-Story flächendeckend kolportiert wird, von einer Liebesaffäre erzählen zwischen einer Studentin und einem supersupererfolgreichen Geschäftsmann mit Neigung zu Bondage und sadomasochistischem Sex. In USA wird die Trilogie als “Mommy Porn” angepriesen und die Autorin charakterisiert sie selbst im Gespräch mit ABC News als “a love story with kink”. Das klingt gepflegt, ist aber deutlich genug: Es ist eine Liebesgeschichte mit besonderen sexuellen Zutaten.

Was liegt näher, als im Interview nach diesen Zutaten zu fragen – um zu erkunden, ob es eben diese Zutaten sind, die den überwältigenden Erfolg auslösen. Ich schickte also die folgenden sechs Fragen an den Goldmann Verlag, der sie an den Agenten von E.L. James weiterreichte:

1.) Do the sex scenes in your books describe your fantasies or your experiences?
2.) Did “Fifty Shades of Grey” spice up your own sex life?
3.) Is the enormous success of your book an indication that millions of women have sadomasochistic fantasies?
4.) Can a woman be submissive in bed but a tough feminist in everyday life?
5.) Would you advise a woman to realize her masochistic fantasies? And would you advice a man to realize his sadistic fantasies?
6.) What is the role of dominance and submissiveness in love? And how important is dominance and submissiveness in sex?

Knapp einen Tag später antwortet die Agentur von E.L.James, “dass die Fragen zu wenig auf das Buch bezogen sind und zu sehr das Thema Sadomasochismus fokussieren” und baten mich, ihr “neue Fragen zu schicken”. Ich antwortete, dass ich wenig davon halte, wenn sich der Befragte die Fragen aussucht, die man ihm stellen solle. Und bat erneut um Antworten auf meine Fragen. Doch die kamen nicht.

Schon merkwürdig: Wo immer die Bücher von E.L.James angeboten werden, ist mit erregten Unterton in der Stimme von SM- und Fesselspielen die Rede, mit denen die Hauptfiguren ihre Freizeit verbringen. Doch sobald man sich bei der Autorin nach diesem Thema erkundigt, sind die Fragen “zu wenig auf das Buch bezogen”. Kann es sein, dass hier eine Menge Heuchelei im Spiel ist? Dass hier mit lächerlicher Verklemmtheit ein Tabubruch vorgetäuscht werden soll? Und ist vielleicht gerade in dieser Heuchelei und Verklemmtheit ein Grund für den großen Erfolg der Bücher zu finden?

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Ernst Rowohlt wird 125 Jahre alt

Das Abenteuer namens Rowohlt

Ein Verlag, drei Männer und drei Temperamente, wie es sie in Deutschland nur selten gibt: Ernst Rowohlt, der Gründervater und unbeirrte Immer-wieder-Gründer des Rowohlt Verlags, würde heute (am 23. Juni) 125 Jahre alt. Hier ein Porträt von ihm und seinen ebenso unterhaltsamen wie höchst schätzenswerten beiden Söhnen Heinrich-Maria Ledig-Rowohlt und Harry Rowohlt

Die Ernst-Rowohlt-Monographie, erschienen im gleichnamigen Verlag

Die Rowohlts sind eine deutsche Dynastie, eine Büchermacherfamilie von nicht eben landestypischem Temperament. Wo ein Rowohlt war oder ist, da war oder ist etwas los. Über ein dreiviertel Jahrhundert gehören sie nun schon zu den Kraftwerken des literarischen Lebens hierzulande, und der von ihnen geschaffene und immer wieder neu geschaffene Verlag schnurrt bis heute weiter. 1908 brachte Ernst Rowohlt im Alter von nur 21 Jahren sein erstes Buch auf den Markt, den schmalen Lyrikband eines heute komplett unbekannten Klassenkameraden. Im gleichen Jahr brachte die Schauspielerin Maria Ledig den ersten Sohn Rowohlts zur Welt, Heinrich Maria Ledig-Rowohlt. Das Abenteuer namens Rowohlt konnte beginnen.

Die Biographie Ernst Rowohlts mit ihren diversen Verzweigungen ist ein gutes Beispiel dafür, wie viel Leidenschaft und Geld ein Verlegerleben braucht und verbraucht. 1910, nachdem er schon ein paar Bücher gemacht hatte, gründete Rowohlt in Leipzig zum ersten Mal seinen Verlag – zusammen mit dem gleichaltrigen Kurt Wolff, der keine Kenntnisse der Buchbranche, wohl aber eine Menge Geld mit einbrachte.

Die beiden Teilhaber verstanden sich erst glänzend und publizierten mehr als 30 Titel jährlich. Doch schon 1912 kam es zum Bruch, nicht zuletzt weil der feingeistige Wolff die Energieausbrüche und permanente Partystimmung seines Partners nicht ertrug. Er zahlte Rowohlt aus, machte den Verlag unter eigenem Namen zum bis heute legendären Kristallisationspunkt des Expressionismus, errang höchste Anerkennung und verlor zugleich sein gesamtes Vermögen. Nach 1920 konnte er keine literarischen Werke mehr verlegen, 1930 musste es sein Haus endgültig schließen.

Ernst Rowohlt – ein Mann der roaring twenties

Rowohlt machte nach der ersten nur kurzen Zeit der Selbstständigkeit zunächst Zwischenstationen als Prokurist des S.Fischer- und Geschäftsführer des Hyperion-Verlags. 1919 dann, mit Beginn der Weimarer Republik, gründete er seinen Verlag zum zweiten Mal, jetzt in Berlin. Die Stadt, der Mann und die Epoche – die roaring twenties – passten perfekt zueinander. Seine Neigung zu großen Auftritten machte ihn schnell stadtbekannt und sein Einfallsreichtum in Sachen PR bald zu einer zentralen Figur des Literaturbetriebs.

Mit Autoren wie Robert Musil, Kurt Tucholsky, Hans Fallada, Alfred Polgar und Walter Benjamin erwarb er beträchtliches Ansehen, mit Ernest Hemingway, Sinclair Lewis und Thomas Wolfe entdeckte er die amerikanische Literatur für die Deutschen, mit der von Willy Haas geleiteten Literarischen Welt gab er zudem seit 1925 eine der meinungsbildenden Zeitschriften der Buchbranche heraus.

Die Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Monographie, erschienen im fast gleichnamigen Verlag

Doch selbst ein Bestseller-Autor wie Emil Ludwig konnte den Verlag wirtschaftlich nicht langfristig stabilisieren. Spätestens nach der Weltwirtschaftskrise 1929 spitzte sich die Lage zu. Als Heinrich Maria Ledig-Rowohlt 1931 als Pressechef in den Verlag eintrat, stand der bereits vor der Insolvenz. Gerettet wurde er schließlich durch die Familie Ullstein, die einen Anteil von 60 Prozent erwarb und ihn so mehrheitlich ihren Zeitungskonzern einverleibte. Doch kaum hatte Rowohlt die ökonomischen Turbulenzen überstanden, geriet er durch die Machtübernahme der Nazis in politische Schwierigkeiten.

Diktatur, Krieg – und immer wieder Krisen

Seine Sympathien galten in der Weimarer Republik eher der Linken, und er war mit zahllosen jüdischen Schriftstellern befreundet, doch hatte Rowohlt daneben auch so rechtslastige Autoren wie Arnolt Bronnen verlegt. Daran knüpfte er nach 1933 zunächst an, brachte nun Landserromane heraus, Sachbücher wie Woher kommt das Hakenkreuz? oder den Bildband Ein Volk steht auf. 53 Tage nationaler Revolution. Doch die Nazis ließen sich weder davon, noch von Rowohlts Eintritt in die NSDAP 1937 täuschen, beschlagnahmten 140 Titel des Verlagsprogramms und erteilten Rowohlt schließlich 1938 Berufsverbot, weil er hartnäckig an seinen jüdischen Autoren und Mitarbeitern festhielt.

Nach dem Krieg, in dem Ledig-Rowohlt als Soldat schwer verwundet worden war, gründeten Sohn und Vater – der 1945 mit der Schauspielerin Maria Pierenkämper seinen zweiten Sohn Harry bekam – den Rowohlt Verlag umgehend zum dritten Mal, nun in Hamburg und Stuttgart. Sie druckten unter anderem zu Pfennigpreisen Bücher auf dem Papier und in dem Format von Zeitungen, „Rowohlts Rotations Romane“ genannt, und erzielten damit in kürzester Zeit Millionenverkäufe. Dennoch geriet der Verlag mit der Währungsreform wieder in eine Finanzkrise – und musste diesmal durch vier Hamburger Geschäftsleute gerettet werden.

Diese amerikanische Erfindung: Taschenbuch

Erst als Ledig-Rowohlt aus Amerika mit der Idee zurückkehrte, ein umfangreiches Taschenbuchprogramm zu starten, stabilisierte sich die Situation. Mit diesen billigen Ausgaben erzielte der Verlag schnell sensationelle Auflagen und konnte mit Büchern von Hemingway und Graham Greene, von Sartre, Camus, de Beauvoir und später Henry Miller, die lange aus Deutschland ausgesperrte Literatur des westlichen Auslands popularisieren. Mit dem Start von „Rowohlt Deutscher Enzyklopädie“ 1955 und der „Rowohlt Monographien“ 1958 verfolgte der Verlag im Taschenbuch-Programm zugleich einen volkspädagogischen Bildungsanspruch, der sich zumindest in den ersten Jahren als sehr einträglich erwies.

Die nicht-weggeschmissenen Briefe Harry Rowohlts, nicht erschienen im gleichnamigen Verlag

Nach dem Tode Ernst Rowohlts 1960 leitete Ledig-Rowohlt den Verlag weitgehend allein, auch wenn seinem erst fünfzehnjährigen Bruder Harry nun 49 Prozent des Unternehmens gehörten. Beide hatten zwar nicht den kraftstrotzenden Körper ihres Vaters, wohl aber manches von seinem trink- und feierfreudigen Charakter geerbt. So versorgten auch sie den Literaturbetrieb regelmäßig mit gern kolportierten Anekdoten oder Bonmots. Den Familientraditionen auf der Spur absolvierte Harry Rowohlt eine Verlagsausbildung bei Suhrkamp in Frankfurt und Grove Press in New York. Doch die Führung der Rowohlt-Geschäfte wollte er nicht übernehmen, sondern widmete sich lieber seinen ungewöhnlichen Talenten als Übersetzer, Vortragskünstler, Autor und Schauspieler.

Also verkaufen die beiden Brüder 1982 – Ledig-Rowohlt war inzwischen knapp 75 – ihren Verlag über Vermittlung des befreundeten Werner Schoenicke an die Stuttgarter Holtzbrinck-Gruppe. Seither wird er von wechselnden Verlagsleitern mit naturgemäß wechselnden Erfolgen geleitet, unter anderem von Matthias Wegner, Michael Naumann (dem späteren Kulturstaatsminister, Mitherausgeber der Zeit, Hamburger SPD-Spitzenkandidaten und Cicero-Chefs), Nicolaus Hansen, Peter Wilfert bis hin zu Alexander Fest heute. Ledig-Rowohlts Leben endete – fast möchte man sagen: standesgemäß – 1992 auf einem Internationalen Verlegerkongress in Neu-Dehli. Harry Rowohlt, 1996 zum “Ambassador of Irish Whiskey” ernannt, sammelte für seine Übersetzungen und Bücher vom Jugendliteraturpreis bis zum Brüder-Grimm-Preis, von der Goldenen Schallpatte für seine Pu, der Bär-Lesung bis zum Göttinger Elch einige der schönsten Auszeichnungen hierzulande. Das vergangene Jahrhundert der deutschen Literatur, ohne die Rowohlts ist es schwer vorstellbar.

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Internet-Buchhandel knickt vor Juristen ein

“Wir nehmen den Titel raus”

Das Schwarzbuch WWF von Wilfried Huismann wurde von vielen Buchversendern aus ihrem Angebot gestrichen. Obwohl kein Urteil gegen das Buch vorliegt, zogen Internet-Buchhändler das Buch aus dem Verkehr, nachdem sie Briefe der Anwälte des WWF bekommen hatten. Sie gehen so einen bequemen Weg – und geben die Literatur- bzw. Meinungsfreiheit preis. Leider ist der Vorgang kein Einzelfall

Die Literatur- und Meinungsfreiheit werden vom Grundgesetz garantiert. Wenn die Buchbranche aber nicht bereit ist, auf diesen Freiheiten auch zu bestehen, werden sie verlorengehen.

Wilfried Huismann: "Schwarzbuch WWF" (Gütersloher Verlagshaus) 19,99 Euro

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung meldet heute: Das Schwarzbuch WWF von Wilfried Huismann ist nach Protesten des World Wildlife Fund in vielen Internet-Buchhandlungen nicht mehr erhältlich. Der Titel wurde am 23. April ausgeliefert, er schildert Organisation und Geschäftsgebaren des WWF in ungünstigem Licht und wird vom WWF deshalb – auch mit juristischen Mitteln – angegriffen.

Ich will die Rechercheergebnisse von Wilfried Huismann zur Arbeit vom WWF nicht verteidigen. Ob sie eine juristischen Überprüfung standhalten oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Fest steht aber, dass das Landgericht Köln erst am 15. Juni über eine einstweilige Verfügung gegen das Buch entscheiden wird (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/druck-auf-buchhaendler-wwf-draengt-kritisches-buch-vom-markt-11771956.html). Dennoch haben große Buchversender im Internet den Titel bereits aus ihrem Angebot genommen, nachdem sie Briefe der Anwälte vom WWF bekamen.

“Wir bewerten das nicht inhaltlich”, sagt der Geschäftsführer des Buchportals Libri.de Per Dalheimer laut FAS, “wir nehmen den Titel dann raus und warten auf Klärung.” Damit ist das Buch de facto auf dem Buchmarkt schwer erhältlich, obwohl von der Richtern noch gar nicht darüber entschieden wurde, ob die Vorwurfe des WWF gegen die Recherchen von Wilfried Huismann zurecht bestehen oder nicht.

Wer ein Buch als Ware betrachtet, wird die Handlungsweise der Buchhändler, die Huismanns Schwarzbuch aus ihrem Angebot gestrichen haben, verstehen können. Der einzelne Titel macht keinen hohen Umsatz, es ist besser auf ihn zu verzichten, wenn man sich so Ärger mit Anwälten erspart.

Andererseits aber ist ein Buch mehr als nur eine Ware. Buchhandel und Börsenverein betonen, zumal wenn sonntags Reden gehalten werden, immer wieder die eigene Bedeutung für die Meinungsfreiheit  und die kulturelle Vielfalt in unserem Land. Sie tun das sehr zurecht – allerdings müssen sie dann auch bereit sein, sich für diese Werte zu engagieren, wenn diese Werte in Gefahr geraten.

Leider ist der Vorgang um Huismanns Buch kein Einzelfall. Auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen Maxim Billers Roman Esra hat in dieser Hinsicht unerfreuliche Folgen. Der Roman wurde 2007 endgültig verboten, weil es die Persönlichkeitsrechte einer Klägerin verletze. Doch das Urteil war so unklar formuliert, dass es keineswegs für Rechtssicherheit bei der schwierigen Abwägung zwischen Literaturfreiheit und Schutz der Persönlichkeitsrechte gesorgt hat.

Inzwischen zeigt sich, dass de Entscheidung im Fall Esra unvorhergesehene Auswirkungen zuungunsten der Literaturfreiheit entwickelt. Allein 2011 mussten drei Romane vom Buchmarkt zurückgezogen werden, weil sie angeblich Persönlichkeitsrechte verletzten und mit juristischen Schritten gegen sie gedroht wurde: nämlich die Romane Das Da-Da-Da-Sein von Maik Brüggemeyer (Aufbau Verlag, Berlin 2011), Last Exit Volksdorf von Tina Uebel (Verlag C.H.Beck, München 2011 und Ein Traum von einem Schiff von Christoph Maria Herbst (Scherz Verlag, Frankfurt/Main 2010. Obwohl das Buch bereits im Dezember 2010 erschien, datiert die einstweilige Verfügung gegen den Roman vom 2. Februar 2011; siehe http://www.boersenblatt.net/412846/.)

Zugegeben, die drei Bücher sind von sehr unterschiedlicher künstlerischer Qualität, aber die Häufung der Fälle belegt, in welchem Maße die Bereitschaft von Privatpersonen zugenommen hat, gegen literarische Werke vorzugehen. „Als Schriftsteller, der über die Gegenwart schreibt, kommt man in Deutschland ohne Anwalt nicht mehr aus“, konstatiert Maik Brüggemeyer.

Doch abgesehen von dem Fall Christoph Maria Herbst wurden die Vorwürfe gegen diese Romane gerichtlich nie überprüft. Allein schon die Ankündigung von Unterlassungserklärungen oder einstweiligen Verfügungen gegen die Bücher reichten aus, Verlage und Autoren dazu zu bewegen, die Romane zurückzuziehen und weitgehend so zu verändern, wie es den Wünschen der möglichen Kläger entspricht. Doch darüber, ob die Romane tatsächlich Persönlichkeitsrechte verletzen, hat in diesen Fällen nie ein Richter oder ein unabhängiges Gericht entschieden.

Auch in diesen Fällen war – wie im Fall Huismann und seinem Schwarzbuch WWF – die Bereitschaft nicht groß, für die Literatur- bzw. Meinungsfreiheit juristisch zu kämpfen.  Dass sich die Beteiligten auf diese Weise viel Arbeit und Ärger ersparen, liegt auf der Hand. Wer will ihnen das in einer notorisch überarbeiteten Branche verdenken. Doch dass sich kostbare Rechtsgüter wie Literatur- und Meinungsfreiheit auf derart konfliktscheue Weise nicht verteidigen lassen, liegt ebenfalls auf der Hand.

Aktuelle Stellungnahmen des Börsenblatts zum Thema Huismann/WWF unter:
http://www.boersenblatt.net/532023/
und

http://www.boersenblatt.net/532000/

Ein bericht darüber, weshalb das Gericht am 15. Juni keine einstweilige Verfügung erließ ist zu finden unter:

http://www.boersenblatt.net/538368/

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Protokoll einer Talkshow über Marcel Reich-Ranicki

Kritik als geistiges Schauspiel

Zur Feier des 92. Geburtstag von Marcel Reich-Ranicki wiederholen wir die Aufzeichnung einer Talkshow zu seinen Ehren. Hier das geheime Protokoll der ebenso denkwürdigen wie hochrangig besetzten Sendung, an der Friedrich Schlegel (1772-1829), Ludwig Börne (1786 – 1837) und Alfred Kerr (1867 – 1948) teilnahmen

Es geht los: Fernsehstudio, Scheinwerfer, Kameras. Auf dem Podium ein Moderator und drei Talkshowgäste. Als Kulisse Möbelhaus-Regale mit Möbelhaus-Buchattrappen.

Moderator: Guten Abend meine Damen und Herren, heute feiert der wohl bekannteste Kritiker der Gegenwart, Marcel Reich-Ranicki, seinen 92. Geburtstag. Aus diesem Anlass haben wir drei seiner berühmtesten deutschen Kollegen zum Gespräch eingeladen. Ich darf vorstellen, von rechts nach links: Friedrich Schlegel (1772 – 1829), Ludwig Börne (1786 – 1837) und Alfred Kerr (1867 – 1948).

Schlegel, Börne, Kerr nicken knapp in die Kamera.

Moderator: Marcel Reich-Ranicki wurde 1920 in Włocławek, Polen, geboren, besuchte ab 1929 in Berlin die Schule…

Kerr (unterbricht): Was ist das hier? Schulfunk?

Schlegel: Dafür brauchen Sie uns ja wohl nicht. Das weiß inzwischen jeder. (Steht auf, will gehen).

Kerr: Das weiß jeder Tankwart! Wie Reich-Ranicki so gern sagt. (Will ebenfalls gehen, Börne macht Anstalten, den beiden zu folgen.)

Moderator (verdattert): Aber meine Herren. Was wollen Sie denn?

Kerr: Fragen. Ernste Fragen.

Schlegel: Wir sind schließlich nicht zum Spaß hier.

Schlegel, Börne, Kerr lassen sich zurück in ihre Sessel fallen.

Moderator (eifrig): Also Fragen! Zum Beispiel: Wie konnte Reich-Ranicki die herausragende Position erreichen, die er heute hat?

Kerr: Blöde Frage.

Ludwig Börne, Gemälde von Moritz Oppenheim, Öl auf Leinwand (1827)

Börne: Das ist viel zu pauschal und undifferenziert gefragt. Ich will Ihnen trotzdem eine Teilantwort geben: Als Reich-Ranicki 1958 in die Bundesrepublik kam, hatte die Literatur eine ganz andere Funktion als heute. Sie war ein Leitmedium mit großem Einfluss auf das öffentliche Bewusstsein des Landes. Von der Kultur erwartete man nach dem Nazi-Desaster politisch-moralische Orientierung. Reich-Ranicki hat damals in seinen Kritiken oft wie ein Anwalt argumentiert. Er hat manchen Autoren nachgewiesen, wie tief sie noch – unbewusst – im Nazi-Denken stecken geblieben waren. Solche Rezensionen von ihm erschütterten den Kulturbetrieb wie Erdbeben. Dazu machte er, der eben aus dem Ostblock gekommen war, den ahnungslosen Westdeutschen klar, was literarisch in der DDR lief und dass dort keineswegs nur dumpfe Parteischriftsteller schrieben.

Schlegel: Mein lieber Börne, ich verstehe: Ihnen als dem politischen Zuchtmeister unter den deutschen Großkritikern gefällt dieser Aspekt an Reich-Ranickis Laufbahn besonders. Aber hinzufügen sollten Sie, wie wenig Reich-Ranicki sich aus politischen Gründen in seinem literarischen Urteil beirren ließ. Seine Verrisse von Heinrich Bölls Romanen sind legendär. Obwohl er Böll politisch verteidigte, ging er mit ihm literarisch ins Gericht.

Kerr: Kritik als geistiges Schauspiel! Großes öffentliches Spektakel. Jeder Artikel ein Drama!

Moderator: Aber andere Kritiker dieser Zeit haben auch politisch argumentiert. Warum wurde gerade Reich-Ranicki so populär?

Kerr: Der Mann hat sagenhaftes Temperament. Seine Kritiken sind keine gelehrten Erörterungen, sondern Brandreden. Er ist ein Volkstribun. Ein Volkstribun der Kritik. So etwas liebt das Publikum. Ich bin Theaterkritiker. Ich weiß das.

Moderator: Aber wurde er von seinem Temperament nicht auch zu Fehlern hingerissen? Hat er nicht auch Autoren verkannt?

Kerr: Blöde Frage. Natürlich.

Börne: Kein Kritiker ist allen Spielarten der Literatur gewachsen. Dazu ist Literatur viel zu komplex. „Was man sagt, stimmt nie“, meinte Robert Musil einmal, „das Phänomen ist immer vielseitiger als die Kritik.“ Also macht jeder Kritiker Fehler. Wie könnte es anders sein? Wenn selbst Ärzte, Apotheker, Architekten Fehler machen, warum sollten gerade Kritiker unfehlbar sein? Kerr hielt Brecht für eine Niete. Schlegel schieb herablassend über Lessings Stücke…

Schlegel: …und von Ihnen, lieber Börne, stammt der Satz: „Seit ich fühle, habe ich Goethe gehasst, seit ich denke, weiß ich warum.“

Börne (mürrisch): Ja, sicher. Wie ich sage: Kein Kritiker ist unfehlbar. Jeder verkennt irgendwann mal einen Autor. Wird ein Kritiker so stark wahrgenommen wie Reich-Ranicki, werden auch seine Fehlurteile stark wahrgenommen. Der Ruhm wirkt wie ein Vergrößerungsglas. Die Missgriffe unbekannter Kritiker werden achselzuckend übergangen und vergessen.

Moderator: Aber warum hatte und hat Reich-Ranicki dann so viele Gegner und oft auch Feinde? Erst kürzlich hat Martin Walser in seinem Tagebuch…

Kerr (unterbricht): Saublöde Frage.

Börne: Verächtlich ist der Kritiker, der keine Feinde hat.

Friedrich Schlegel 1790

Schlegel: Sich Feinde zu machen, gehört zum Handwerk eines unabhängigen Kritikers. Nur wer so urteilt wie alle anderen Kritiker auch, hat keine Feinde. Denn der geht ängstlich inmitten der Herde in Deckung. Aber Deckung hat Reich-Ranicki nie gesucht. Im Gegenteil. Wer eigenständige und entschiedene Urteile fällt, hat schnell eine eigenständige und entschiedene Kollektion von Feinden. Bei Reich-Ranicki kommt aber vielleicht noch ein zweiter Umstand hinzu. Er selbst hat das beschrieben: Reich-Ranicki zeichnet sich durch eine Eigenschaft aus, die oft bei Juden auffällt, sei es günstig, sei es ungünstig, und die zur Folge hat, dass sie, die Juden, für manche Menschen in ihrer Umgebung nicht so leicht erträglich sind und ihnen vielleicht sogar auf die Nerven gehen. Was ich meine, lässt sich mit Worten wie „Intensität“ oder „Heftigkeit“ andeuten. Reich-Ranicki besitzt Intensität in hohem Maße.

Kerr: Intensität? Leidenschaft! Verbunden mit dem festen Glauben an Vernunft und Argument.

Moderator: Aber von Politik ist in seinen Kritiken heute keine Rede mehr.

Börne: Ja, weil die Welt sich dreht und die Dinge sich wandeln. Und mit ihnen die Literatur.

Schlegel: Spätestens mit den achtziger Jahren hatte sich die Funktion der Literatur in Deutschland geändert. Die einzige intellektuelle Gewissheit war nun, dass es keine intellektuellen Gewissheiten mehr gibt. Dass es nur noch konkurrierende Denkformen gibt, die alle ein gewisses Recht für sich beanspruchen können. Man hat das „postmodern“ genannt, aber es sieht manchen Überzeugungen aus meiner Epoche um 1800 zum Verwechseln ähnlich. Reich-Ranicki hat das gespürt. Also feierte er die Literatur als ein Vergnügen, als ein ironisches Spiel, bei dem Weltsichten erprobt werden, der Autor aber augenzwinkernd zu verstehen gibt, dass man alles das mit gleichem Recht auch aus anderer Sicht betrachten könnte. Mit Beliebigkeit hat das nichts zu tun. Denken Sie daran, wie oft er sich trotzdem mit anderen im Literarischen Quartett in die Haare geriet.

Moderator: Gut, dass Sie das Quartett ansprechen. Hat er damit die Literaturkritik endgültig an die Fernsehunterhaltung verkauft?

Alfred Kerr, porträtiert von Lovis Corinth (1907)

Kerr: Bravo, das ist Ihre schwachsinnigste Frage. Das Quartett war Streit um die Literatur vor Kameras. Reich-Ranicki hatte den Mut und das Talent, das zu inszenieren. Hat bis jetzt kein anderer gekonnt. Eingehende, gründliche Literaturkritik war das nicht. Die findet auch weiterhin auf Papier statt. Reich-Ranicki war der erste, der das betonte. Aber der Kritiker darf neue Medien nicht scheuen. Ich habe in meiner Zeit das Radio für die Kritik erprobt. Mit Erfolg, es hat dem Theater Zuschauer gebracht. So wie das Literarische Quartett der Literatur Leser brachte.

Schlegel: Das Quartett war fabelhaft, weil es demonstrierte, dass zu jedem Buch mehrere Urteile zugleich möglich sind. Wenn ein Kritiker schreibt, will er allein seine Ansichten gelten lassen. Wenn er aber im Quartett mit anderen sprach, musste er sich die Ansichten der anderen anhören. Den Zuschauern wurde gezeigt, dass es auch in der Literatur keine Gewissheiten gibt, sondern nur Meinungen. So lieferte das Literarische Quartett ein Bild seiner Zeit.

Börne: Dazu lieferte es einen Beweis: Nämlich wie lehrreich Fernsehen sein kann, wenn Moderatoren ausnahmsweise etwas vom Thema ihrer Sendung verstehen. (Sieht den Moderator an.) Reich-Ranicki hat Beispielloses geleistet für Literatur und Kritik in Deutschland. Nicht zuletzt hat er immer wieder an uns, an die Kollegen Schlegel, Kerr und mich erinnert. Weshalb es für uns ein Leichtes war, diese Talkshow unter anderem mit Worten zu bestreiten, die er über uns schrieb oder aus unseren Werken zitierte.

Der Moderator schwitzt, gibt der Regie ein Zeichen, die Kamera schwenkt auf die Buchattrappen, der Abspann beginnt.

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Jub Mönster, Kugelschreiber und Blues

Gemalte Fotografie

Der Künstler Jub Mönster ist ein ebenso eigenwilliger wie vielseitiger Fotorealist. In den letzten Jahren hat er unter anderem eine Werkgruppe mit Hinterkopf-Porträts vorgelegt, dazu eine Serie farbiger Szenen auf vorgefundenen Trägermaterialien wie alten Schultafeln aus einer Fahrschulen oder eine fotografische Werkgruppe mit Anschlüssen der öffentlichen Pariser Gasversorgung. Nun hat Mönster den Kugelschreiber als Mittel des Zeichnens bzw. Malens entdeckt. Die Frankfurter Galerie Mühlfeld und Stohrer eröffnet am 8. Juni eine Ausstellung seiner jüngsten Kugelschreiber-Arbeiten

„Aber bitte, verehrter Meister, machen Sie, dass es mir recht ähnlich sieht“, soll eine ältere Dame um die Mitte des 19. Jahrhunderts gesagt haben, als sie den Vater der Fotografie Louis Daguerre um ein Porträt von sich bat.

Jub Mönster: "Grosse Bleiche" (2010) Kugelschreiber auf Hartfaser

Dass es die herausragende Eigenschaft der neuen Kunst Daguerres war, Bilder hervorzubringen, die mehr als nur „recht ähnlich“ sind, hatte sich zu der besorgten Dame noch nicht herumgesprochen. Inzwischen ist nicht nur dies ein Gemeinplatz, sondern auch die kunsthistorische Überzeugung, die Fotografie habe die bildende Kunst von der Pflicht zur Nachahmung der Realität befreit. Bis dann rund hundert Jahre nach Daguerres Tod einige Künstler begannen, ihre Bilder wie Nachahmungen der Fotografie aussehen zu lassen, sich Fotorealisten nannten und ihre Leinwände mit grellbunten Reklame-Schriftzügen, Schnellrestaurants, Autowracks, Ketchup-Flaschen, spiegelnden Schaufenstern oder unvergesslichen Mädchenhintern füllten.

Wie grimmig ernst im Vergleich dazu gemalte Fotografie wirken kann, sobald sie ohne all die prächtigen Farben auskommen, zeigt Gerhard Richters Baader-Meinhof-Serie. Etwas von diesem Ernst des historischen Moments findet sich auch in Jub Mönsters beiden Is Paris burning-Bildern. Aber Richters Pathos fehlt.

Mir kommen Mönsters Arbeiten eher vor wie ferne, stockfleckig gewordene Erinnerungen an alte Fotografien. Hier wird nicht mehr nach dem Muster der Fotorealisten mit zeichnerischen
oder malerischen Mitteln die Anmutung von Fotografien imitiert, sondern hier wird diese Kunst der Foto-Imitation sowohl angewandt als auch ausdrücklich dem Betrachter bewusst gemacht und vorgezeigt.

Jub Mönster: "St. Pauli" (2007) Kugelschreiber auf Hartfaser

Mönsters Material spielt natürlich eine große Rolle. Er zeichnet/malt mit Kugelschreiber – und kaum ein anderes Instrument, das zum Farbauftrag geeignet ist, kommt einem instinktiv so profan und kunstfern vor wie dieses. Als ich ihn fragte, warum er ausgerechnet auf dieses Werkzeug verfallen ist, antwortete er nicht mit kunsttheoretischen, sondern ausschließlich mit kunsttechnischen Überlegungen. Der „Grafik-Charakter“ seiner frühen Bleistift-Arbeiten sei ihm zunehmend auf die Nerven gegangen: „In den Folgejahren habe ich immer wieder nach anderen möglichen Materialien gesucht, die meinem Wunsch, es malerischer wirken zu lassen, eher entsprechen: Pastell- und Wachskreide, Sepia, etc. Schließlich war es ein Zufall, der mich auf den Kugelschreiber brachte: Meine Arbeitsplatte ist mit Resopal belegt und auf ihr hatten sich im Laufe der Jahre verschiedenste Strukturen, Verwischungen, etc., darunter auch Kugelschreiberkritzeleien ‚abgesetzt‘. Das Blau, und zwar ‚das Strahlende’, kam meinen Vorstellungen sehr nahe.“

Seither also bringt Jub Mönster Kugelschreiber-Händler und -Hersteller zur Verzweiflung, weil er nach ganz bestimmten Blautönen sucht und Minen braucht, die schnell klecksen – ein Ansinnen, das die Ehre jedes seriösen Kugelschreiber-Produzenten naturgemäß tief verletzt, auf das Mönster seiner Arbeit zuliebe aber nicht verzichten kann: „Die Tinteneigenschaft der Kugelschreiberpaste
lässt ein 2 – 3 maliges Überarbeiten zu, ohne dass die Gefahr des Abplatzens besteht. Dadurch ist es möglich, nahezu ein optisches Schwarz zu schaffen. Außerdem ergeben sich lasurähnliche Effekte“.

Vor allem seine Nacht-Bilder vom Hamburger Hafen, der Großen Bleichen oder der Automatengalerie der Raststätte Bühl entwickeln eine stark malerische Stimmung. Weshalb eine Musik, die ursprünglich nach Sonnenuntergang gespielt und gesungen wurde, den Namen Blues erhielt, leuchtet beim Betrachten dieser Bilder Mönsters unmittelbar ein.

In einer Zeit, in der es unendlich viele Möglichkeiten gibt, Fotografien in Sekundenbruchteilen zu scannen, zu kopieren, zu digitalisieren, zu speichern und beliebig verfremdet wiederzugeben, hat die altmeisterliche Sorgfalt, mit der Mönster sie hier von Hand neu erschafft, etwas von einer zutiefst romantischen Geste: Einem Kunst-Medium, das perfekt auf seine technische
Reproduzierbarkeit hin ausgerichtet ist, wird die Aura des Einmaligen und des Originals zurückgegeben.

Aber Mönsters Originale sind keine nachtblauen Kopien von Fotografien, sie sehen ihnen vielmehr „recht ähnlich“, so wie sich das einst jene Dame von Louis Daguerre wünschte. Diese Differenz, die Jub Mönster schon durch sein Arbeitsmaterial betont, macht den eigenwilligen Zauber seiner Kugelschreiber-Arbeiten aus. Ein Zauber, der mich an den Geschmack, den Geruch, das Aroma abgelegener, fast schon verlorener, nur ahnungsvoll wiedergewonnener Erinnerungen erinnert.

Weitere Bilder von Jub Mönster, auch aus anderen Werkgruppen sind zu sehen unter:
http://www.jubmoenster.de/

 

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Im Auto um die Welt: Ein gelebter Abenteuerroman

„Diese Frau muss aus Stahl sein!“

Vor 85 Jahren fuhr der erste Mensch mit dem Auto um die Welt: Clärenore Stinnes, Rennfahrerin und Tochter aus bestem Hause. In vielen Weltgegenden gab es keine Straßen, in Südamerika musste sie sich den Weg über Gebirgspässe freisprengen, in der Wüste stellten ihr Wegelagerer zu Pferde nach. Aufhalten ließ sie sich nicht. Am 25. Mai 1927 startete Clärenore Stinnes in Frankfurt am Main und traf erst zwei Jahre später in Berlin wieder ein. Ein Lebensabenteuer, das für sie auch zum Liebesabenteuer wurde.

Nur vier Tagen zuvor war Charles Lindbergh nach seinem Atlantikflug in Paris gelandet. Die Welt feierte ihn, und ihren Glauben an eine Technik, die das Leben besser, schöner, glücklicher machen werde. 33 Stunden hatte er gebraucht, um ein Held zu werden. Niedriger hatte auch Clärenore Stinnes ihr Ziel nicht gesteckt. Sie war 26 Jahre alt, schmächtig, aber drahtig und entschlossen, als erster Mensch mit einem Auto um die Welt zu fahren. Vor 85 Jahren, am 25. Mai 1927, stand sie in Frankfurt am Main am Start, mindestens 40.000 Kilometer, die Länge des Erdumfangs, lagen vor ihr. Sie würde Richtung Osten aufbrechen und, das hatte sie sich geschworen, von Westen aus zurückkehren.

Clärenore Stinnes: "Im Auto durch zwei Welten: Die erste Autofahrt einer Frau um die Welt, 1927 bis 1929". Promedia Verlag, 24 Euro

Clärenore Stinnes war jung, aber sie war kein Backfisch. Ihr Vater, Hugo Stinnes, hatte einen der größten Industrie- und Handelskonzerne Europas geformt, und gehörte, als er 1924 starb, zu den einflussreichsten Männern des Landes. Sorgen ums Geld hatten im Leben seiner Tochter nie eine Rolle gespielt, auch nicht nachdem der Konzern 1925 unter der Führung ihrer Brüder während der Inflation zerfiel. Die Liste der Menschen, die sie im Haus ihrer Familie kennenlernte, liest sich heute wie ein Lexikon der gesellschaftlichen Elite ihrer Zeit.

Da der Vater ihr mit Anfang zwanzig noch keine führende Position in einem seiner Unternehmen anvertrauen wollte, hatte sich ihr Ehrgeiz andere Ziele gesucht. Autos waren ihre Leidenschaft. Schon mit 24 fuhr sie ihr erstes Rennen. Bald darauf war sie mit 17 Siegen Europas erfolgreichste Rennfahrerin. 1925 wurde sie zu einer Rallye eingeladen, die von St. Petersburg über Moskau und Tiflis nach Moskau zurück führte. Das noch junge sowjetische Regime wollte durch extreme Prüfungsfahrten ermitteln, welche Autotypen sich in ihrem weitgehend straßenlosen Land am besten bewährten. Clärenore Stinnes gewann auch diesen Wettbewerb in ihrer Klasse – und kam auf die Idee einer Weltumrundung.

Als moderne Abenteurerin schaute sie sich zu allererst nach Sponsoren um. Sie nahm die nötigen 100.000 Reichsmark nicht von der Familie, sondern beschaffte sie bei anderen Unternehmen wie Bosch und Aral. Außenminister Gustav Stresemann persönlich setzte sich bei etlichen Ländern für die nötigen Durchreisevisa ein und wies die deutschen Auslandsvertretungen an, sie zu unterstützen. Ihre Fahrt sollte nicht zuletzt für die Qualität deutscher Industrieprodukte werben, die seit dem Ersten Weltkrieg noch immer bei einstigen Gegnern mit Boykotten zu kämpfen hatten.

Deshalb entschied sich Clärenore Stinnes auch, zu ihrem Vorhaben in einem normalen Serienfahrzeug anzutreten. Die Frankfurter Firma Adler stellte ihr einen „Standard 6“ mit 50 PS-Motor und Dreiganggetriebe zu Verfügung. Als einzige Veränderung vom Originalzustand ließ sie zwei Liegesitze einbauen. Was es bedeutet, längere Strecken mit einem gewöhnlichen Wagen der zwanziger Jahre zu fahren, ist heute nur schwer zu ermessen. Eine Ahnung davon weht einen an, wenn man in einem Automuseum vor den schwerfälligen, kutschenartigen Gefährten jener Zeit steht.

Es war eine Expedition zu der Clärenore Stinnes aufbrach. Jenseits Westeuropas und

Michael Kuball, Clärenore Stinnes: "Im Auto durch zwei Welten: Die erste Autofahrt einer Frau um die Welt, 1927 bis 1929" Krüger Verlag

Nordamerikas gab es keine Infrastruktur, keine Tankstellen, ja nicht einmal Straßen. Alles lebens- und reisenotwendige Material, Proviant, Ersatzteile, Benzin musste sie in einem Begleitfahrzeug, einem Kleinlaster über den größten Teil der Strecke mitnehmen. Der Lastwagen wurde von zwei Mechanikern gefahren. Und um noch mehr öffentliche Aufmerksamkeit für ihr Unternehmen wecken zu können, engagierte sie zudem einen Kameramann, der ihre Weltumrundung als Dokumentarfilm festhalten sollte. Sie lernte ihn zwei Tage vor Abfahrt kennen, es war ein Schwede namens Carl-Axel Söderström.

Bereits hinter Prag ist die Kupplung des „Standard 6“ kaputt, hinter Belgrad ein Kugellager des Lasters. Skeptisch notiert Söderström in sein Tagebuch, es sehe nicht so aus, „als wenn die Autos die ganze Reise halten würden.“ Doch er hat nicht mit der Entschlossenheit und Durchsetzungskraft seiner Chefin gerechnet. Clärenore Stinnes ist keine angenehme Expeditionsleiterin. Sie treibt ihre Crew morgens gegen 5 Uhr aus den Betten und nicht selten erreichen sie das nächste Etappenziel erst gegen Mitternacht. Sie gibt sich unzugänglich, ist hochfahrend und starrköpfig, ganz unbescheidene Tochter aus herrschaftlichem Haus. Söderström hadert zumal zu Anfang oft mit ihr, aber er kann ihr seine Anerkennung nicht verwehren: „Sie muss“, notiert er, „aus Stahl gemacht sein, so wie sie alles aushält, ohne zu klagen.“

Schon in Bulgarien und dann in der Türkei gibt es außerhalb der Städte nur noch Feldwege, auf denen sie sich vorankämpfen. Noch vor Ankara wird ein Gebirgspfad so schmal, dass sich die Männer auf der Bergseite an den Laster hängen müssen, um mit ihrem Körpergewicht zu verhindern, dass er talseits in die 80 Meter tiefe Schlucht stürzt. Bereits seit Serbien werden sie von Temperaturen über 40 Grad gequält. Bei der Fahrt durch die Wüste von Damaskus nach Bagdad zeigt das Thermometer 54 Grad im Schatten – allerdings findet sich Schatten nur unter den Autos. Die Wagen sind über und über mit Wassersäcken behängt, doch das meiste davon brauchen sie für die Kühler der Motoren, nicht für sich selbst.

"Fräulein Stinnes fährt um die Welt" - ein Film von Erica von Moeller

Beim Aufstieg zum Kaukasus vom Iran aus verirren sie sich in einer Nachtfahrt. In einem Hohlweg stürzt der Lastwagen um und kann erst mit Hilfe einiger Bauern und ihrer Ochsen wieder aufgerichtet werden. In Moskau dann scheidet der erste Mechaniker wegen eine Blinddarmentzündung aus. Sein Ersatzmann ist den Strapazen nicht gewachsen und wird bald darauf nach Hause geschickt. Inzwischen sind Stinnes und Söderström mit beiden Wagen so vertraut, dass sie auch größere Reparaturen selbst vornehmen. Doch die russischen Wege versinken im Regen, sind nur noch ein Brei aus Lehm. Immer wieder müssen sie die Autos mit Spaten, Winden und Flaschenzügen regelrecht ausgraben. Oft schaffen sie nicht mehr als zehn Kilometer pro Tag.

Noch vor dem Ural, am Fluss Sura, bei Kilometerstand 10.000 droht die Fahrt zu scheitern. Die Strömung ist reißend, die Fähre zu klein für die Wagen und die Landungsstege angefault. Der letzte verbliebene Mechaniker ist am Ende seiner Kräfte, will das Risiko der Überfahrt nicht eingehen, sondern zurück nach Deutschland. Doch Clärenore Stinnes lässt sich nicht stoppen. Unterstützt von Söderström verstärkt sie Landungsstege und Fähre notdürftig mit Baumstämmen, fährt den zwei Tonnen schweren „Standard 6“ selbst auf das floßähnliche Gefährt, tanzt mit beiden über die Wellen und erreicht glücklich das andere Ufer. Als sie danach den noch schwereren Lastwagen übersetzen will, lässt Söderström sich nicht lumpen und nimmt das Wagnis dieser Überfahrt auf sich. „Von diesem Tag an“, schreibt sie später, „wurde die Fahrt eine deutsch-schwedische, denn nur dadurch, dass Söderström aushielt, gelang es, unser Programm zu Ende zu führen.“ Der Mechaniker verließ sie bald darauf und auf den folgenden gut 30.000 Kilometer wurden die beiden nur noch von wechselnden Dolmetschern begleitet.

Kurz vor dem sibirischen Baikalsee werden die Ochsenpfade, auf denen sie sich mit Schneeketten durch den Schlamm wühlen, vollends unpassierbar. Sie schicken den Lastwagen per Zug voraus. Zweieinhalb Monate müssen sie in Irkutsk bei Temperaturen von 30 bis 40 Grad unter Null warten, bis der See zugefroren ist, dann wagen sie die Überfahrt. Auf dem See ist die Luft plötzlich wie mit fernem Geschützdonner erfüllt. Vor ihnen bricht ein halbmeterbreiter Eisspalt auf. Bremsen ist unmöglich, Clärenore Stinnes gibt Gas und der Wagen springt über den Spalt. Am anderen Ufer notiert Söderström lakonisch: „Mit heiler Haut davongekommen. Wölfe begleiten unsere Fahrt. Fräulein Stinnes bietet mir das Du an.“

Michael Winter: "PferdeStärken: Die Lebensliebe der Clärenore Stinnes" Biografie. Verlag Hoffmann und Campe

Fast scheint es, als würde, je länger die Fahrt dauert, der Realitätssinn der beiden schwinden. Es scheint keine Gefahren mehr zu geben, die sie noch schrecken könnte. Selbst als man sie energisch vor berittenen Warlords in der Mongolei warnt, lassen sie sich von der Durchquerung der Wüste Gobi nicht abhalten. Tatsächlich werden sie von bewaffneten Reitertrupps verfolgt, als bei dem Laster eine Feder bricht. Mit fliegenden Händen wechseln sie die Feder und können mit knapper Not entkommen. Als sie in China eintreffen, erfahren sie, dass zur gleichen Zeit westliche Reisende überfallen und erschossen wurden.

Nachdem sie auch China trotz Bürgerkriegswirren hinter sich gebracht haben, setzen sie nach Südamerika über. Hier fahren sie von Lima über die Kordilleren an die Ostküste des Kontinents nach Buenos Aires und wieder über die Anden an die Westküste zurück. Dass es keine Straßen gibt, sind sie längst gewohnt, aber von den Gebirgsstrecken gibt es hier nicht einmal mehr Landkarten. Wie Fizzcarraldo in Werner Herzogs Film ein Schiff, so müssen sie ihren Wagen in Dschungel und Hochgebirge von Einheimischen, oder mit Flaschenzügen allein über Pässe und Steigungen bis 60 Grad zerren. Die Pfade sind oft so schmal, dass ihnen nichts anderes übrig bleibt, als sich den Weg mit Dynamit frei zu sprengen. An manchen Tagen schaffen sie nur 150 Meter und als sie sich im August 1928 mit ihren Vorräten verrechnen, verdursten Sie um ein Haar.

Von Chile aus lassen sie sich von einem Frachter nach Los Angeles bringen. Die Durchquerung der Vereinigten Staaten gleicht einem Triumphzug. Die Straßen sind hier perfekt, fahrerische Herausforderungen gibt es für sie nicht mehr. Überall werden sie von Reportern umlagert, von Gouverneuren oder Bürgermeistern empfangen, vom Publikum gefeiert. Als Präsident Herbert Hoover Clärenore Stinnes allein nach Washington einlädt, sagt sie ab. Erst als die Einladung auf Söderström erweitert wird, besuchen sie das Weiße Haus.

Von New York aus erreichen sie per Schiff Le Havre in Frankreich. Nach zwei Jahren und einem Monat Fahrzeit treffen die beiden am 23. Juni 1929 in Berlin ein und sind für Tage die Stars der Stadt. Ihr Wagen ist 46.063 Kilometer gefahren. Zu Ehren Söderströms beschließt Clärenore Stinnes nach Stockholm weiterzufahren, wo sie Kilometer 49.244 erreichen und erneut gefeiert werden. Im Herbst kommt der Dokumentarfilm der beiden in die Kinos und Clärenore Stinnes Buch „Im Auto durch zwei Welten“ erscheint.

Bernhard M. Domberg / Klaus Rathje: "Die Stinnes - Vom Rhein in die Welt: Geschichte einer Unternehmerfamilie ". Signum Verlag. 22,95 Euro

Mit der letzten Pointe ihrer Geschichte lässt sich das ungleiche Paar noch ein Jahr Zeit. Sie, die kleine, aber unbeugsam Tochter einer der reichsten Familien der Zeit und er, der große, etwas ungeschlachte Sohn eines schwedischen Schmieds, die sich zwei Tage vor Fahrtbeginn kennenlernten, heiraten am 20. Dezember 1930. Als wären sie ein für allemal genug gereist, ziehen sie sich nach Südschweden zurück, und bewirtschafteten gemeinsam einen Gutshof.

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Der vergessene Dichter Wolfgang Bächler

Die Erde bebt noch von den Stiefeltritten

Vor fünf Jahren starb der ebenso hochbegabte wie unglückliche Schriftsteller Wolfgang Bächler. Er war eines der größten lyrischen Talente der Nachkriegsjahre und zugleich ein spätes Opfer des Zweiten Weltkriegs. Erinnerungen an einen Vergessenen

Wolfgang Bächler: "Türen aus Rauch". Gedichte. Verlag Buch & Media. 19 Euro

Talent und Tragödie sind mitunter Nachbarn. Bei kaum einem anderen Schriftsteller der deutschen Nachkriegsliteratur lässt sich diese traurige Konstellation so deutlich studieren wie bei Wolfgang Bächler. 1925 in Augsburg geboren, wurde er achtzehnjährig in Wehrmacht eingezogen, schon bald darauf in Frankreich schwer verwundet und geriet in Gefangenschaft. Bereits seine ersten, nach Kriegsende noch in Zeitschriften verstreut veröffentlichten Gedichten verschafften ihm den Ruf, einer der wesentlichen neuen Autoren der Zeit zu sein. Kein Zufall, dass er, als sich die Gruppe 47 unter Hans Werner Richter zusammenfand, als jüngster Autor zum Gründungstreffen eingeladen wurde.

Als dann 1950 sein erster Gedichtband Die Zisterne erschien, war dies ein Ereignis. Gottfried Benn schrieb damals: „Wolfgang Bächler gehört zu den ganz wenigen neuen Lyrikern, die mich interessieren, an deren Weg ich glaube. Er hat persönliches Erleben und Mut zu offener, sammelnder wie zerstörerischer Form…“. Und Thomas Mann nannte ihn einen Dichter mit „echter Lebensinbrunst“, der „viel von der Qual und Zerrüttung der Zeit“ in seinen Versen eingefangen habe.

In jenen Jahren stellte man Bächler ganz selbstverständlich auf eine Stufe mit Lyrikern wie Günter Eich, Paul Celan oder Ingeborg Bachmann. Er brachte die Erfahrungen seiner Generation poetisch zur Sprache. Einer Generation, deren kindlicher Idealismus von den Nationalsozialisten missbraucht worden war und die, als sie von den Schlachtfeldern zurückkehrten, nur noch Trümmerlandschaften sowohl materieller wie moralischer Art vorfanden. „Die Erde bebt noch von den Stiefeltritten“, heißt es in einem seiner frühen Gedichte, „die Wiesen grünen wieder Jahr für Jahr. / Die Qualen bleiben, die wir einst erlitten, / ins Antlitz, in das Wesen eingeschnitten. / In unsren Träumen lebt noch oft, was war.“

Aus seinen Gedichten sprachen vor allem der Schock des Krieges und die Erkenntnis, dass letztlich nicht nur die Opfer, sondern auch die Täter den zerstörerischen Folgen der Gewalt nicht entgehen. Wenn es so etwas wie einen pazifistischen Grundkonsens in jenen frühen Jahren der Bundesrepublik gab, fand er nicht zuletzt in der Lyrik Bächlers seinen literarischen Ausdruck. Das Gedicht wurde dabei für ihn eine Art bessere Gegenwelt, es war für ihn, wie er schrieb, „der einzige Weg zu Augenblicken des Glücks und der Befreiung, zu einer Ordnung und Lösung, die Freiheit schafft.“

Doch: Die Verletzungen des Kriegs reichen tief, und nicht wenige fallen ihnen noch lange

Wolfgang Bächler: "Im Schlaf". Traumprosa. S.Fischer Verlag. 16 Euro

nach der Heimkehr zum Opfer. Ab Mitte der fünfziger Jahre begann Bächler unter schweren Depressionen zu leiden, abgelöst von manischen Phasen. Ein zermürbendes Auf und Ab begann, dass ihn bis zu seinem Tod nicht mehr verließ, und dass seine literarische Arbeitkraft immer mehr einschränkte. Er versank mal wie gelähmt in sich selbst und wurde dann wieder zu einem überreizten Sucher, zu einem fieberhaft Getriebenen, der nirgends mehr Ruhe finden konnte. Die zehn besten Jahre, die ihm noch blieben, lebte er, mit einer Französin verheiratet, in Frankreich. 1967 kehrte er nach Deutschland zurück und verbrachte, wenn er nicht ärztliche Hilfe benötigte, viel Zeit auf ausgedehnten Reisen.

„Ich wechselte noch oft die Städte und die Länder“, schrieb er in seinem Prosaband Stadtbesetzung (1979), „ich sah mich auch, der beiderseitigen Propaganda misstrauend, hinter dem eisernen Vorhang um, zuerst von Peter Huchel und Stephan Hermin eingeladen, dann auch von Brecht, Bloch und Lukács angezogen und von der Wirklichkeit, die so sehr zu ihren Ideen kontrastierte, enttäuscht. Ich führte ein schweigendes Leben, schlug meine Zelte häufig auf und ab, ein unsteter Einzimmerbewohner, kurzum ein unbrauchbarer, unsolider, unordentlicher Mensch, der keine Termine einhalten und keine Examina durchhalten kann und Redakteure, Verleger und Frauen durch seine Unpünktlichkeit zur Verzweiflung bringt.“ Nach dem Zweiten Weltkrieg sprachen viele Deutsche von ihrem Vertriebenenschicksal – was Wolfgang Bächler von seinem Leben blieb, war ein Getriebenenschicksal. Zumindest in den manischen Phasen seiner Krankheit. In den depressiven Phasen versank er in sich und in der Sprachlosigkeit.

Aus therapeutischen Gründen, aber auch um ein urpoetische Terrain auf seine Weise zu erkunden, begann Bächler von den fünfziger Jahren an bis in die achtziger Jahre hinein seine Träume zu notieren. Diese Kurzprosastücke von einer oft erschreckender Illusionslosigkeit wurden in den Bänden Traumprotokolle (1972) und Im Schlaf (1988) zusammengefasst: Finstere Nachrichten aus einer labyrinthischen Welt voller Schrecken und ohne jede Zuflucht.

Der oft als herzlos gescholtene Kulturbetrieb hat manches getan, um Bächlers Los zu erleichtern. Martin Walser und Michael Krüger vor allem setzten sich als literarische Fürsprecher für ihn ein. Regisseure wie Fassbinder, Werner Herzog und Volker Schlöndorff gaben ihm kleine Rollen in ihren Filmen. Am 24. Mai 2007 starb Wolfgang Bächler im Alter von 82 Jahren in München.

Wolfgang Bächler: "Von einem der auszog, sich köpfen zu lassen" S.Fischer Verlag. 14 Euro

1990 gehörte ich zu den Menschen, die Bächler – nach seinen eigenen Worten – “durch seine Unpünktlichkeit zur Verzweiflung” brachte. Ich war Lektor des Frankfurter S. Fischer Verlags geworden und fand unter den Manuskripten, die mir mein Vorgänger hinterlassen hatte, Bächlers Roman Von einem, der auszog, sich köpfen zu lassen. Ein großartiges kleines Buch, das den Geist der unmittelbaren Nachkriegszeit atmete. Allerdings hatte es eine Schwäche: Es war nicht fertig. Ich besuchte Bächler in München, sprach lange mit ihm über den Text, beschwor ihn, die Geschichte zu Ende zu schreiben, schmeichelte ihm, flehte ihn an, drängte ihn, wurde ärgerlich, unterdrückte meinen Ärger, lag vor ihm auf den Knien. Er saß in einer winzigen Wohnung, umgeben von alten Büchern, alten Bildern und quälenden Erinnerungen. Er schaute auf den jungen Mann, der auf ihn einredete wegen eines Romanmanuskripts und der tatsächlich keine größeren Sorgen zu haben schien, als die Termine der Druckerei. Schließlich lieferte er ein paar abschließende Sätze, doch kamen sie mir mehr vor wie eine unduldsame Geste der Gegenwart gegenüber, die ihn aus einer ihm unendlich viel wichtigeren Vergangenheit herauszureißen versuchte. Das Buch erschien, wurde von der Gegenwart kaum bemerkt, und Wolfgang Bächler kehrte in seine Vergangenheit zurück, die ihn nie losließ.

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Krieg und Literatur

Kollektive Verdrängung?

Die deutschen Schriftsteller begegnen dem modernen High-Tech-Militär nahezu unisono mit Schweigen. Dabei ist der Krieg eines der ältesten Themen der Literaturgeschichte. Fällt den Autoren hier und heute zu Soldaten nichts mehr ein? Ein Zwischenruf.

Homer

Die Kriege unserer Zeit finden in der deutschen Literatur nicht statt. Das ist verständlich und verwunderlich zugleich. Verwunderlich, weil Krieg immer eines der wichtigsten Themen der Literatur war. Von Homers Ilias bis Cäsars Bellum Gallicum, von Shakespeares Königsdramen bis Grimmelshauses Simplicissimus, von Schillers Wallenstein bis Kleists Prinz von Homburg, von Remarques Im Westen nichts Neues bis Ernst Jüngers In Stahlgewittern gehörte Krieg zu den Stoffen, aus dem große Schriftsteller große Bücher machten.

Kleist

Auch in der deutschen Literatur nach 1945 spielte der Rückblick auf den Zweiten Weltkrieg zunächst eine zentrale Rolle. Heinrich Böll, Heiner Müller, Günter Grass, Theodor Plievier, Siegfried Lenz und viele andere hielten die Erinnerung an das Grauen und Töten auf dem Papier fest. Sie brachten damit zur Sprache, was die Gesellschaft jener Jahre geformt hatte und zu ihren stärksten Antriebskräften gehörte. Doch seither ist der Krieg, sind zumal die zeitgenössischen Kriege nahezu ganz aus der deutschen Literatur verschwunden.

Verständlich war das vor allem deshalb, weil der Krieg hierzulande lange nur als fernes Gespenst wahrgenommen wurde. Er schien jede Realität jenseits der Nachrichtenkanäle eingebüßt zu haben. Doch das ist seit zwanzig Jahren vorbei. Die Einsätze der Bundeswehr out of area lassen sich inzwischen an den Fingern beider Hände nicht mehr abzählen. Deutsche Soldaten sind vor den Küsten Libanons und Somalias, in Dafur oder am Hindukusch stationiert, überwachen, kämpfen, werden verwundet oder sterben im Auftrag ihres Landes. Das Engagement in Afghanistan wurde vom damaligen Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg entschlossen „Krieg“ genannt – und fast alle stimmten ihm zu, so dass dies eine Wort heute wie das größte Verdienst seiner Amtszeit wirkt.

Der deutschen Literatur ist zu all dem wenig eingefallen. Sie begegnet den spezifischen Schrecken des Hightech-Kriegs mit Schweigen. Ingo Niemann und Alexander Wallasch haben 2010 in ihrem gemeinsam geschriebenen Roman Deutscher Sohn einen Soldaten zur Hauptfigur gemacht, der verwundet aus Afghanistan ausgeflogen wurde. Doch statt von seinem Kriegsschicksal zu erzählen, nehmen sie die Figur zum Vorwand, allerlei pornographischen Phantasien nachzuhängen. Der Journalist und Erzähler Dirk Kurbjuweit hat 2011 in dem Roman Kriegsbraut eine deutsche Soldatin beschrieben, die nach Afghanistan kommandiert wird und nicht nur die Langeweile des Lageralltags, sondern auch Feuergefechte zu bestehen hat. Viel mehr gibt es bislang zu dem uralten, brandneuen Thema nicht.

Es versteht sich von selbst, dass Literatur über den Krieg mit Kriegs-Verherrlichung nichts zu tun haben muss. Spätestens seit Anbruch der Moderne sind die hymnischen Tön aus den Schlachtenbeschreibungen fast vollständig verschwunden. Auch heute erwartet niemand, dass Schriftsteller versuchen ihren Lesern einzureden, es sei süß fürs Vaterland zu sterben.

Im Gegenteil: Viele Bürger der westlichen Hemisphäre sehen im Ausbruch eines Kriegs inzwischen nichts anderes als einen Beweis für die Unfähigkeit der Politik. Sobald die Waffen sprechen, haben in ihren Augen die Diplomaten nachweislich versagt. Wie immer man zu solchen Argumenten steht – sie lassen den Krieg aus literarischer Sicht nicht uninteressanter werden. Denn was sind das für Menschen, die sich dennoch als Soldaten in den Kampf kommandieren lassen? Opfer, die für wenig Geld Kopf und Kragen riskieren müssen? Abenteurer, die auf Grenzerfahrungen aus sind? Letzte Idealisten, die sich für ihr Land einsetzen, auch wenn die meisten Landsleute es ihnen nicht danken?

Davon könnte Literatur heute erzählen. Kein Schriftsteller muss das tun, jeder hat  ganz persönlichen Themen, die ihn inspirieren. Doch wenn eine ganze Autorengeneration über Jahrzehnte hinweg einen uralten literarischen Stoff ausblendet, dann riecht das nach kollektiver Verdrängung. Oder steckt dahinter die Furcht, sich allein durch die Berührung mit dem Thema Krieg ins Abseits zu manövrieren, weil sie gegen einen pazifistischen Grundkonsens des Literaturbetriebs verstößt?

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