Buch & Bar 45: James Bond Cocktails

Gerüttelt, nicht geschnürt

Heute über: Spitzenmathematisches Lesen und Trinken

Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.

Katherine Bebo: "Bond Cocktails. Die Kult-Drinks für alle Geheimagenten Übersetzt von Gaby van Dam. Knesebek Verlag, 9,95 Euro

Das Unterhaltsamste am Fußball sind natürlich die Statistiken. Wie viele Tore erzielten in dieser Saison rechtsgescheitelten Linksverteidiger 2007 per Hacke? So was will ich wissen! Oder: Wurde in Pokalspielen je ein 0:3 Rückstand aufgeholt mit Spielmachern der Schuhgröße 42 oder kleiner? Absolut spielentscheidende Fragen.

Katherine Bebo macht in ihrer meisterhaften Studie „Bond Cocktails“ (Knesebeck, 9,95 Euro) diese Methode für die kulturwissenschaftliche Forschung nutzbar. Wussten Sie, dass James Bond allein in Ian Flemings Buch „Man lebt nur zweimal“ insgesamt über 225 Alkoholeinheiten kippt, was circa 113 Wodka Martinis entspricht? Dass er 70 Zigaretten pro Roman-Tag raucht? Und in den Bond-Filmen rund 1300 Akteure ins Jenseits befördert werden? Davon 135 vom Meister persönlich! Mrs Bebo weiß es und mischt ihre eminenten Erkenntnisse gefühlvoll unter die Rezepte all der von Bond jemals geschlürften Cocktails.

Mein Lieblings-Bond-Drink wird von 007 in „Casino Royal“ persönlich kreiert: „Drei Teile Gordon’s, ein Teil Wodka, ein halber Teil Kina Lillet. Schütteln Sie es gut durch, bis es eiskalt ist, und fügen Sie dann ein großes dünnes Stück Zitronenschale hinzu. Verstanden?“ Und er tauft ihn Vesper, nach der hinreißenden Vesper Lynd, mit der er in diesem Roman dann noch so manches andere vermischt.

Die Kolumne erschien im Focus vom 7. November 2015. 
 
2014 startete BUCH & BAR im Focus. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.
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Zum ihrem gemeinsamen Geburstag: Robert Gernhardt über Heinrich Heine

“Es bleibt nur das schöne, gelle Lachen”

Exakt 140 Jahre liegen zwischen ihnen: Zur Erinnerung an zwei große Dichter, die beide am 13. Dezember geboren wurden: Ein Gespräch mit Robert Gernhardt über Heinrich Heine, dessen Komik und dessen Hass, das Vorurteil die Deutschen seien unkomisch sowie die Frage, weshalb es leichter ist, in großen Städten witzig zu sein. Geführt wurde das Gespräch mit Gernhardt im Februar 2006, knapp 5 Monate vor seinem Tod

Uwe Wittstock: War Heine ein komischer Dichter?

Robert Gernhadt: "In Zungen reden. Stimmimitationen von Gott bis Jandl" (Enthält auch Parodien von Gernhardt auf die Lyrik von Heinich Heine) 2 CDs. Der Hörverlag. 12,99 Euro

Robert Gernhardt: Dieser Begriff führt in die Irre. Heine war ein Dichter, der auch komische Gedichte geschrieben hat, aber kein komischer Dichter. Das trifft auf die meisten der in Deutschland populären Dichter des Komischen zu. Auf Heine, Wilhelm Busch, Morgenstern oder Ringelnatz. Von allen gibt es auch Gedichte, die dezidiert nicht zum Lachen sind. Aber Heine war imstande, selbst auf dem Kranken- oder Sterbebett noch ungemein komische Verse zu finden. Das lange Gedicht zum Beispiel, in dem er sich Gedanken macht über die Körperteile des Menschen: „Gott gab uns nur einen Mund,/ Weil zwei Mäuler ungesund./ Mit dem einen Maule schon/ Schwätzt zu viel der Erdensohn.“

Wittstock: Im Zirkus heißt es oft, außerhalb der Manege sei der Clown der Traurigste von allen. Trifft dieses Vorurteil auch auf Heine zu? War dieser oft komische Dichter ein Melancholiker?
Gernhardt: Heine ist nicht als komischer Autor angetreten. In seiner frühen Sammlung „Buch der Lieder“ sind die komischen Einlagen und Einwagen ja noch relativ gering. Er beginnt als Dichter eher auf der Leid- und Wehmuts-Schiene. Erst mit der Zeit wird er dreister. Auch bei der Wahl seiner Reime: Der Germanist Wilhelm Solms hat gezeigt, daß der junge Heine recht konventionelle, „süße“ Reime benutzte, der ältere Heine dagegen „Philozopf“ auf „Hirsetopf“ reimte, und „Mozart“ auf „Rotznas“. Letzteres ist ja nur noch eine Assonanz, das kann man wohl nicht mehr Reim nennen. Mir ist jedoch aufgefallen, daß im Gegenzug Heines Metrik immer raffinierter wird. Zu Anfang sind seine Gedichte fast durchgängig vierhebig, später dichtet er abwechslungsreicher, was seine Gedichte natürlich viel lesbarer macht und gelenkiger.

 

Heinirich Heine: "Das Buch der Lieder". Nexx Verlag. 18,99 Euro

Wittstock: Wenn Heine in seinem Leben so viel Grund zur Verzweiflung hatte, woher kommt seine Begeisterung für komische Effekte?
Gernhardt: Ich glaube, Heine wollte sich immer zwischen alle Stühle setzen. Das war bei ihm habituell. Wenn er seine Leser in einem Gedicht mit einem rührenden Effekt gepackt hatte, dann stach ihn der Haber und er ließ den gefühlvollen Zeilen gleich die witzige Farce folgen. Das zieht sich durchs ganze Werk. Es kommt mir vor, als hätte Heine daraus geradezu ein Konzept gemacht. Er wollte nicht zu fassen, nicht festzulegen sein. Solange er in Deutschland lebte, galt er als Linker. Dann ging er nach Paris und legte sich dort mit den Linken an, mit Börne und dessen Kreisen. Er wollte sich von ihnen nicht vereinnahmen lassen, wollte nicht dazugehören, sondern als Artist Distanz zu den Nicht-Künstlern halten. Und für dieses Ziel, nicht gestellt werden zu können, sind Ausflüge ins Komisch natürlich nützlich. Die bringen alle Festlegungen oder Zuordnungen sehr effektiv durcheinander.

Wittstock: „Und wenn das Herz im Leib ist zerrissen,/ Zerrissen, und zerschnitten, und zerstochen,/ Dann bleibt uns doch das schöne gelle Lachen.“ Schreibt Heine. Warum bleibt uns, wenn das Herz zerrissen ist, doch das Lachen?
Gernhardt: Das ist vermutlich die letzte Möglichkeit, die dem Menschen gegeben ist, aus all seinem Unglück noch einen irgendwie gearteten Lustgewinn zu ziehen. Heine hat das vorgelebt. Er hat auf dem Krankenbett verzweifelte Briefe geschrieben und daneben ein Gedicht wie „Vermächtnis“, in dem er seine Krankheiten testamentarisch an seine Feinde verteilt. „Diese würdgen, tugendfesten / Widersacher sollen erben / All mein Siechtum und Verderben,/ Meine sämtlichen Gebresten.“ Ein wunderbar komischer Einfall, und ich hoffe, daß er auch selber darüber hat lachen können. Ob diese Haltung ein Vorbild sein kann für jeden von uns, für die Menschheit als solche, vermag ich nicht zu sagen. Als ich vor meiner Herzoperation in den Fahrstuhl zum OP geschoben wurde – schon unter Einfluß von Narkosemitteln – waren meine letzten Worte: „Bei so schönem Wetter sollte man eigentlich im Freien operieren“. Alle lachten und mir schwanden die Sinne. Das hätten meine allerletzten Worte sein können. Glücklicherweise ging die Sache gut aus.

Wittstock: Heine hatte nicht nur viel Witz, sondern er hatte auch ein große Begabung zum Haß. Wie geht das zusammen: Heine, der Ironiker und Komiker mit Heine, dem Polemiker?
Gernhardt: Er war kein Humorist. Er hat seine komische Kraft eingesetzt, um Ziele zu erreichen. Das konnte für ihn auch bedeuten: Kämpfe auszufechten und seine Gegner lächerlich zu machen.

Wittstock: Eigentlich müssten es die vergnüglichen Dichter doch leichter haben beim Publikum als die traurigen. Doch Heine hatte es nie leicht mit den deutschen Lesern. Warum?
Robert Gernhardt: Gesammelte Gedichte 1954-2006. S.Fischer Verlag, 16 EuroGernhardt: Hatte er es wirklich so schwer? Das „Buch der Lieder“ war wohl der erfolgreichste deutsche Gedichtband des 19. Jahrhunderts. Seine „Reisebilder“ sind viel gelesen worden. Als Korrespondent in Paris erklärte er in seinen Artikeln A) den Franzosen die deutschen Zustände und B) den Deutschen die französischen. Ich glaube, er hat sich immer dann Feinde gemacht, wenn er sich nicht nur mit seinen üblichen Gegnern anlegte, den Völkischen, den Reaktionären, sondern – wie im Fall Börne – auch noch mit dem eigenen Lager. Man muß sich das so vorstellen, als wenn zu Franz Josef Strauß’ Zeiten plötzlich ein bekannter Linker Thesen vertreten hätte, die auch ein Strauß hätte unterschreiben können. Dann wäre dieser Linke doch sofort heftig gezaust worden und man hätte ihm vorgeworfen, er riskiere den Beifall von der falschen Seite. Dieses Lagerdenken war zu Heines Zeiten sicherlich noch ausgeprägter. Dazu gab er sich als Anhänger Napoleons zu erkennen, weil der viel für die Emanzipation der Juden getan hatte. Im Bewußtsein der Deutschen aber war Napoleon in erster Linie der Eroberer und Besatzer. So macht man sich keine Freunde. Und zu allem Überdruß galt er auch noch als unzüchtiger Libertin.

Wittstock: Warum ist Heine heute so beliebt?
Gernhardt: Ja, inzwischen wird er von allen gelobt. Aber wenn er heute wieder erstände, würde sich das mit Sicherheit rasch ändern. Biermann und Rühmkorf, Reich-Ranicki und Raddatz sind sich untereinander nicht gerade grün, aber jeder für sich ist ein Heine-Liebhaber. Wenn Heine heute lebte und schriebe und einer der Genannten böte ihm Anlaß für eine Polemik, würde er wohl nicht zögern und loslegen. Dann bekäme diese Heine-Begeisterung möglicherweise bald die ersten Risse. Auch bei mir natürlich, sollte ich Opfer sein. Heute kostet es nichts mehr, Heine zu mögen, er kann einem nichts mehr tun.

Wittstock: Sie haben mal nach den „Smash-Hits“ der deutschen Lyrik gefragt, also nach Gedichten, die sich wie Schlager ins Sprachbewußtsein der Deutschen eingeprägt haben. Gibt es außer „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ solche lyrischen Smash-Hits von Heine?
Gernhardt: Da ist einmal der „süße“ Heine: „Leise zieht durch mein Gemüt / liebliches Geläute…“ Und jeder gebildete Deutsche glaubt den politischen Heine zu kennen: „Denk ich an Deutschland in der Nacht,/ bin ich um den Schlaf gebracht“! Ein echter Hammer-Satz. Der hat sich allerdings auf Grund eines Mißverständnisses festgesetzt, denn Heine dachte nicht an die politischen Zustände in seinem Vaterland, sondern an seine alte Mutter.

Wittstock: Heines Gedichte sind voller wunderschöner Mädchen, in deren „Herzchen keine Liebe glüht“. Die Biographen vermuten, daß der charmante Heine tatsächlich nur wenig Grund hatte, sich über mangelnden Erfolg bei den Frauen zu beschweren. Woher kommen in seinen Gedichten diese vielen Bilder der Zurückweisung?
Gernhardt: Möglicherweise weil er die beiden großen Zurückweisungen, die am Anfang standen, nicht verkraftet hat. An seine angeschwärmten Kusinen Amalie und Therese, die Töchter seines reichen Onkels, ist er ja nicht rangekommen. Aber es gibt natürlich noch einen handwerklichen Grund: Man kann aus dem Unglück weit mehr poetischen Stoff ziehen, als aus den Glück. Das trifft ja nicht nur für die Literatur zu, sondern für alle Lebensbereiche. Wenn man aus dem Urlaub zurückkommt und erzählt: Hotel war spitze, Wetter toll, Essen super, dann will das keiner hören. Aber wenn einem ein Tsunami dazwischen kommt, stellen die Leute die Lauscher auf.

Wittstock: Heine war Berufsschriftsteller, er hat vom Schreiben gelebt. Daß hat ihn zu vielen Gelegenheitsgedichten oder journalistischen Auftragsarbeiten gezwungen. Hat das seinem Werk geschadet?
Gernhardt: Ich behaupte, nein. Er ist auch in dieser Hinsicht vorbildlich. Er hat die Grenzen zwischen Literatur oder Journalismus einfach nicht akzeptiert. Es gibt ja diese merkwürdigen manichäischen Behauptungen: Wer journalistisch schreibt, verdirbt sich seinen Stil und kann nicht mehr poetisch schreiben. Oder: Wer einmal komisch dichtet, ist für ernste Themen auf immer verloren. Darum hat sich Heine nie gekümmert, glücklicherweise, und deshalb ist es nach wie vor eine Freude, Heine zu lesen. Er war nun mal ein sehr beweglicher Geist und er ist bis heute auf keiner Seite langweilig.

Wittstock: Oft wird der deutschen Literatur nachgesagt, sie sei ernst, trocken und humorfern. Trifft dieses Vorurteil überhaupt zu? Heine paßt zumindest nicht in dieses Schema.
Gernhardt: Nein, es trifft nicht zu. Heine steht ja keineswegs allein. Er bezog sich auf Lessing, der keinem Streit aus dem Weg ging und dabei auch seinen Witz einsetzte. Aber er hätte auch Lichtenberg nennen können, dessen Witz noch heute zündet. Auch Gellert und selbst Goethe haben komische Gedichte geschrieben, die heute noch zum Lachen sind. Und nach Heine hört die Reihe der deutschen Dichter nicht mehr auf, die komische Wirkung anstreben und auch erzielen: Auf Heine folgt Wilhelm Busch, dann Morgenstern, dann Ringelnatz, dann Tucholsky, dann Brecht, dann Kästner, dann Jandl. Nein, die komische Lyrik zieht sich wie ein roter Faden durch die deutsche Literaturgeschichte der letzten 250 Jahre.

Wittstock: Woher rührt dann dieses Vorurteil, deutsche Schriftsteller seien so unkomisch?
Gernhardt: Es werden die falschen Fragen gestellt. Es wird gefragt: Haben die Deutschen solche einen komischen Roman wie den „Don Quixote“? Haben sie Lustspiele wie die von Moliere oder Shakespeare? Aber nach den komischen Gedichten fragt keiner. Außerdem gibt es in der deutschsprachigen Literatur durchaus ein paar Lustspiele: von Nestroy, von Raimund. Daß es darüber hinaus nicht allzu viele sind, liegt wohl daran, daß Deutschland lange Zeit so zersplittert war und keine Metropole hatte. In einer Metropole treffen Information, Zeitgeist, Geld, Widersprüche, anspruchsvolles Publikum zusammen, das ist gut für Komik.

Wittstock: Es ist leichter, in großen Städten witzig zu sein als in kleinen?
Gernhardt: Ja, um höchstes literarisches Komik-Niveau in großen Formen, im Lustspiel oder im Roman zu erreichen, ist eine gewisse Urbanität vonnöten. Nestroy hatte Wien, Moliere Paris, Shakespeare London. Der Autor beobachtet mehr, hat mehr Anregungen, das Publikum ist aufgeschlossener. In großen Städten prallen die Gegensätze überall und prächtig aufeinander. Und daraus lassen sich dann natürlich leichter komische Funken schlagen. Kein Wunder, daß Heine nach Paris ging, kein Wunder, daß Wilhelm Busch sein bestes und welthaltigstes Buch, „Die fromme Helene“, in Frankfurt geschrieben hat – und daß er, als er in die niedersächsische Provinz zurückging, nichts Vergleichbares mehr zustande gebracht hat.

Das Gespräch wurde am 11. Februar 2006 in der “Literarischen Welt” veröffentlicht

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Laudatio auf Vea Kaiser und ihren Roman “Makarionissi”

Familie in den Zeiten der allgemeinen Migration und des Vagabundentums

Kurze Betrachtung über die Frage, weshalb Eleni Stefanidis erst mit Lefti verheiratet ist, dann mit Milton, aber Otto liebt und mit ihm ein Kind hat; aber auch über die Frage, ob wir alle zu Nomaden werden und über den Polen Zygmund Bauman, der nach Israel emigrieren musste, bevor er in Leeds zu einem der großen Soziologen der Postmoderne wurde.

Laudatio auf Vea Kaiser und ihren Roman „Makarionissi oder Die Insel der Seligen“ anlässlich der Verleihung des Buchpreises der Stiftung Ravensburg am 30. November 2015 in Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Frau Hess-Maier,
liebe Vea Kaiser,

die Geschichte von Vea Kaisers Roman „Makarionissi“ beginnt genau genommen in Kleinasien im Jahr 1918. Der Vater der Familienpatriarchin Maria Kouzis, von der uns Vea Kaiser dann noch Vieles erzählt, ist Grieche, ein gebildeter Mann und glaubt nicht an die warnenden Vorzeichen, die seine Frau und seine Tochter für unübersehbar halten: erst wird ein Kalb mit zwei Köpfen geboren, dann fällt ein Vogel ohne Flügel aus einem Nest. Mutter und Tochter beschließen wegen dieser Menetekel, ihre Heimat Richtung Piräus zu verlassen, der Vater dagegen lacht über ihren Aberglauben, bleibt daheim und wird kurz darauf von Türken erstochen, die in den Wirren des zu Ende gehenden 1. Weltkriegs von einem griechenfreien, ethnisch gesäuberten Kleinasien träumen.

Vea Kaiser: "Makarionissi oder Die Insel der Seligen. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2015. 19,99 Euro

In diesem Auftakt klingen gleich mehrere zentrale Motive des Romans von Vea Kaiser an: 1.) Es ist nicht immer klug, an dem Ort zu bleiben, den man für seine Heimat hält. 2.) Wer mit der Vernunft der politischen Verhältnisse rechnet, statt die bare Unvernunft für möglich zu halten, hat schnell mal ein Messer in der Brust. 3.) Der Traum von einem streng geordneten Staat, zu dem angeblich auch eine ethnisch klar sortierte Bevölkerung gehört, gebiert rasch Ungeheuer, für die Völkermord nur eine Kleinigkeit ist.

Bitte lassen Sie mich, sehr geehrte Damen und Herren, bevor ich zu dem Schicksal der griechischen Familie von Maria Kouzis zurückkehre, hier eine kleine Abschweifung machen und von einem Polen erzählen, der aus eigener Erfahrung einiges beizutragen hätte zu den genannten Motiven aus Vea Kaisers Roman. Der Mann heißt Zygmund Bauman, wurde 1925 in Posen geboren, floh mit seiner Familie 1939 in die Sowjetunion, da sie als Juden mit der ethnischen Säuberungs- und Mordlust der anrückenden Deutschen rechnen mussten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Bauman in seine Heimat zurück, studierte in Warschau Soziologie, musste das Land aber 1968 in Richtung Israel verlassen, weil die antisemitische Hetze in Polen unerträglich wurde und nahm 1971 einen Lehrstuhl im britischen Leeds an, wo er bis heute lebt. Mit anderen Worten: So wie die Menschen, von denen Vea Kaiser uns in ihrem Roman erzählt, versteht auch Zygmund Bauman, der heute zu den großen Soziologen unserer Zeit gezählt wird, etwas von dem Zwang, den Ort verlassen zu müssen, den man für seine Heimat hielt, versteht etwas von der brandgefährlichen Unvernunft politischer Verhältnisse oder auch von der Schnelligkeit, mit der ethnische oder andere ideologische Reinheitsgebote die Friedhöfe zu füllen vermögen.

Als Soziologe hat Bauman aus den Erfahrungen seines Lebens mancherlei Schlussfolgerungen gezogen. Natürlich gab es eine Zeit, in der die Menschen ihr Leben in stabileren Verhältnissen verbrachten, in denen sie einen festen Ort in der Welt hatten, sowohl im geographischen wie im gesellschaftlichen Sinne. In diesen lang versunkenen Epochen gab es eine alles überwölbende politische und religiöse Ordnung, die jedem Einzelnen seinen Platz zuwies. Das klingt gut im ersten Moment. Doch wehe, wenn die Menschen jener Zeiten über diesen zugewiesenen Platz hinauswachsen und zu neuen Ufern aufbrechen wollten. Dann entwickelte sich die fest gefügte Ordnung schnell zur Fessel, wenn nicht gar zum Gefängnis.

Doch mit Beginn der Moderne begann der Wunsch, sich selbst seine Ziele zu setzen und seinen Platz zu suchen, das Bewusstsein zu beherrschen. Die typische Lebensweise des modernen Menschen ist deshalb, so sagt Bauman, die des Pilgers in einem nicht-religiösen, sondern einem ganz und gar weltlichen Sinne. Denn für den Pilger „ist der wahre Ort“, an den er sich sehnt, „immer ein Stück weit entfernt“[1]. Er will nicht auf der Stelle treten, sondern sich entwickeln, will wachsen, sich vervollkommnen. Das hält ihn in Bewegung, das treibt ihn voran. Indem er sich ein Ziel setzt, macht er aus seinem Leben eine Reise hin zu diesem Ziel, er gibt dem Formlosen, das jedes Leben enthält, eine klare Form, eben die des unbeirrbar Voranstrebens, „macht aus dem Fragmentarischen ein Ganzes, verleiht dem Episodischen Kontinuität“[2].

Doch die Zeit der Pilger, die sich ihr Ziel selbst suchen, um ihrem Leben die gewünschte Richtung zu weisen, scheint vorbei zu sein. Zumindest konnten weder Zygmund Bauman noch Maria Kouzis und deren Familie sich ihre Ziele selbst suchen. Vielmehr sind es die politischen Ereignisse oder der rasche Wandel der wirtschaftlichen Lage, die sie buchstäblich vor sich hertreiben und ihnen die Reiseroute diktieren. Diese postmoderne Lebensweise, so schreibt Bauman, ähnelt nicht der des Pilgers, sondern viel eher der des Vagabunden. Denn der hat kein festes, langfristiges Ziel mehr. Er muss vielmehr auf Gelegenheiten reagieren, sobald sie sich bieten. Der Vagabund darf sich schon deshalb nirgendwo festsetzen, weil mit dem nächsten politischen oder wirtschaftlichen Klimawandel die Lage für ihn so ungemütlich werden kann, dass er gut beraten ist, sein Bündel zu schnüren und den Standort wieder zu wechseln. Sein Herz an eine Heimat zu hängen, birgt für den Vagabunden das Risiko, nicht schnell genug auf den Beinen und wieder weg zu sein, sobald die Situation kritisch wird. Wurzeln sind ihm suspekt, weil sie seine Bewegungsfreiheit einschränken, er muss mobil bleiben, er muss jederzeit aufspringen und sich davon machen können, darin liegt seine Freiheit. „Man weiß nicht“, schreibt Bauman, „wohin er sich als nächstes bewegen wird, weil er es selbst nicht weiß“[3]. Der Vagabund ist im doppelten Sinne des Wortes herrenlos.

Zygmund Bauman: "Flaneure, Spieler und Touristen. Essays zu postmodernen Lebensformen". Übersetzt von Martin Suhr. Hamburger Edition, Hamburg 1997. 18 Euro

So ist es vielleicht kein Zufall, dass Eleni Stefanidis, die weibliche Hauptfigur in Vea Kaisers Roman, zwar zweimal im Leben heiratet und einen dritten Mann liebt und mit ihm ein Kind hat, aber sich doch niemals rückhaltlos an einen von diesen Männern bindet. Sie gehört zu den widerspenstigen, unzähmbaren Wesen, denen ihre Freiheit über alles geht. Sie ist eine Vagabundin, wie Bauman sie beschreibt, und im entschiedenen Sinne herrenlos.

Ein wenig trifft das auf fast alle Figuren aus Vea Kaisers Buch zu, und sie sind es nicht immer freiwillig, sondern weil es ihnen ihre Epoche so verordnet. Mit Maria Kouzis und ihrer Mutter beginnt der Flüchtlingsreigen in diesem Roman, sie müssen sich vor den türkischen Nationalisten in Kleinasien in Sicherheit bringen, und Maria folgt einem reichen Salzhändler in den Nordwesten Griechenlands. Von dort werden dann schon bald viele Menschen – diesmal nicht wegen eines Krieges, sondern aus wirtschaftlicher Not – erneut auf die Wanderschaft gezwungen, darunter ihre Enkelin Eleni Stefanidis und deren Cousin Lefti Zifkos. Es sind, nach der Tradition der Vagabunden, keine selbstgesteckten Ziele, von denen sich die beiden in die Ferne locken lassen, sondern das Gesetz der Opportunitäten: Deutschland lockt mit Arbeitsplätzen, also brechen sie auf nach Hildesheim, später geht es für Lefti Zifkos weiter nach Österreich und für Eleni ein halbes Jahr lang nach Indien, danach zurück nach Griechenland, dann für einige Jahre nach Chicago, bevor es sie wieder nach Griechenland führt – immer den Wechselfällen eines Berufsschicksals folgend.

Das klingt, als müssten wir Mitleid haben mit den beiden, mit Eleni und Lefti, doch von wenigen Wendepunkten in ihrem Leben abgesehen, fühlen sie sich nicht als Opfer. Ihr Vagabunden-Dasein kommt ihnen ganz gewöhnlich vor, und seien wir ehrlich: Unterscheidet es sich heute tatsächlich so erheblich von dem des angeblich sesshaften Teil der Menschheit? Sind die Ortsfesten, auch wenn sie längerfristig am selben geographischen Punkt wohnen, tatsächlich weniger umtriebig? Hat nicht das Tempo der tagtäglichen Veränderungen inzwischen einen Grad erreicht, dass von Sesshaftigkeit im engen Sinne keine Rede mehr sein kann? Selbst wer über Jahrzehnte in der gleichen Stadt wohnt, findet diese Stadt alle paar Jahre so gründlich verändert, als wären er in eine andere umgezogen. Der Boden unter unseren Füßen beginnt zu wandern und macht uns alle zu Nomaden.

Vea Kaiser beschreibt das sehr klar in ihrem Roman. Zu welchem Schauplatz sie uns in dieser Geschichte auch immer führt, überall ist die Tektonik der sozialen Strukturen in Bewegung geraten und bietet den Figuren manchmal die erstaunlichsten Chancen, manchmal aber auch verbauen sie plötzlich lang gehegte Träume – und so werden die Menschen zu reaktionsschnell kalkulierenden Fluchthelfern ihres eigenen Lebens. Ja mehr noch, wer Vea Kaisers Buch aufmerksam liest, erkennt schnell, dass es gerade die langfristigen und hartnäckig verfolgten Pläne sind, die Sorgen und Not über Eleni Stefanidis Familie bringen: Ihre Grußmutter Maria Kouzis hält stur an dem Plan fest, Eleni mit dem falschen Mann, mit Cousin Lefti zu verheiraten – und es braucht Jahre bis die zwei diesen Fehler korrigieren können. Maria Kouzis ist es auch, die den eigenen Schwiegersohn an die Polizei verrät, bevor der mit Frau und Kind nach Albanien fliehen kann, da sie die Familie um jeden Preis in Griechenland zusammenhalten will. In den gleichen Fehler verfällt dann Eleni Jahrzehnte später, als sie das Erbe der Familie auf der Insel Makarionissi sichern möchte, und deshalb mit vielen in dieser Familie in Streit gerät. Wer in der Epoche des Vagabundentums etwas besonders festzuhalten versucht, so lehrt dieser Roman, der wird es mit besonders großer Sicherheit verlieren.

Für das Lebenskonzept Familien ist das, machen wir uns nichts vor, keine bequeme Lehre. Auch diesen Punkt beleuchtet Vea Kaiser in ihrem Buch sehr deutlich. Ihre Heldin Eleni lebt ihr Leben weder in fester Familienformation noch als Einzelgängerin. Denn diese ehemals simplen Gegensätze haben sich aufgelöst. Eleni lebt lange zusammen mit Lefti, doch sie liebt den deutschen Musiker Otto und sie heiratet später in Amerika den verständnisvollen Milton. Der biologische Vater ihrer Tochter ist Otto, doch diese Tochter wächst lange ohne Eltern bei Großmutter und Tanten auf. Wenn sie je so etwas wie ein konventionelles Klein-Familienleben kennenlernt, dann weil der amerikanische Grieche Milton Vaterschaft nicht als eine Frage der biologischen Zeugung, sondern der sozialen Zugehörigkeit betrachtet.

Familie in den Zeiten der Migration, so zeigt Vea Kaisers Buch mit beeindruckender Ehrlichkeit, Familie in den Zeiten des allgemeinen Vagabundentums verlangt von allen Beteiligten, von Eltern, Kindern, Großeltern, von angeheirateten Partnern, von Freunden und Verwandten ein ungeheures Maß an Flexibilität. Zu den großartigen Kunstgriffen Vea Kaisers gehört, dass sie die Geschichte ihrer griechischen Helden der Gegenwart erzählt vor der Folie der griechischen Mythologie. Was ihre Heldin Eleni durchlebt, ist eine postmoderne Odyssee. Auch Odysseus hat etwas von einem Vagabunden, denn auch er ist nicht Herr seiner Entscheidungen: Er wird gezwungen in den Trojanischen Krieg zu ziehen. Doch eines unterscheidet die beiden Figuren grundsätzlich: Odysseus weiß, dass nach dem Krieg in Ithaka seine Familie und seine Heimat warten. Eleni und ihre Familie kennen diese Zuflucht nicht mehr, ihnen bleibt nichts anderes übrig, als ihr Vagabundendasein zu ihrer Zuflucht zu machen.

Liebe Vea Kaiser, ich gratuliere Ihnen herzlich zum Buchpreis der Stiftung Ravensburger. Und Ihnen, meine Damen und Herren, danke ich für Ihre Geduld.



[1] Zygmund Baumann: „Flaneure, Spieler und Touristen. Essays zu postmodernen Lebensformen“. Hamburg 1997. S. 136

[2] ebenda S. 140

[3] ebenda S. 154

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Buch & Bar (44): Edith Head “Dress for Success”

Heiratstipps in den Zeiten der rasenden Zeit

Heute über: Mad-Men-mäßiges Lesen und Trinken

Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.

Edith Head: "Dress for Success. Das kleine Buch für die erfolgreiche Frau". Übersetzt von Yasemin Dincer. Verlag Eden Books. 14,95 Euro

Der Mode-Ratgeber „Dress for Success“ (Edel, 14,95 Euro) stammt von der Hollywood-Kostümbildnerin Edith Head und erschien erstmals 1967. Ich liebe solche Ratgeber. Angeblich sind sie Frauen in Kleiderfragen behilflich, aber in Wirklichkeit geht es um Männer, also auch um mich. Und ich finde es immer gut, wenn es um mich geht.

Edith Head schärft ihren Leserinnen ein, jederzeit und überall nach Männern Ausschau zu halten: Im Büro, in der Kirche, im Country Club! Sobald sie ein „Beutetier“ ausgemacht haben, das sie „lebendig einfangen“ wollen mit „Verlobungsring an der Pfote“, sollen sie sich exakt so kleiden, wie das Zielobjekt es mag, sollen seine Vorlieben und Interessen übernehmen, sollen kochen, was er essen, sagen, was er hören will. Fantastisch! Und ihr Tipp für jeden Notfall lautet ausdrücklich: „Sehen sie einfach hübsch aus und halten Sie den Mund“.

Okay, das klingt alles ein wenig old fashioned, genauer gesagt: Für Tipps wie diese wird man heute schnell mal geteert und gefedert. Aber das Buch ist noch keine 50 Jahre alt, es ist nur Vintage und nicht Steinzeit! Es stammt direkt aus der Welt Don Drapers und seiner Mad Man. Das macht die Tipps nicht besser, zugegeben, aber plötzlich ahnt man, wie sehr die Zeit rast seit 50 Jahren und möchte sich einen Old Fashioned einschenken mit viel Bourbon, wenig Angostura und einer Zuckerwürfel, so wie Don Draper ihn mag, und über den Glasrand melancholisch lächelnd der davonstürmenden Zeit hinterherschauen.

Die Kolumne erschien im Focus vom 31. Oktober 2015. 
 
2014 startete BUCH & BAR im Focus. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.
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Buch & Bar (43): “Breites Wissen” von Ingo Niermann und Adriano Sack

Alles nur Schall und Rausch

Heute über: Möglicherweise bewusstseins-, sicher aber gewichtsveränderndes Lesen und Trinken

Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.

Ingo Niermann, Adriano Sack: "Breites Wissen. Die seltsame Welt der Drogen und ihrer Nutzer". Rogner & Bernhard, Berlin 2015. 19,95 Euro

Drogen sind nicht so mein Ding. Als ich jung war, also in einer Zeit jenseits jedes Vorstellungsvermögens, habe ich drei-, viermal an Selbstgedrehten gezogen, die toxikologisch versierte Freunde kreisen ließen. Sie fühlten sich prima, mir wurde übel. Also ließ ich das. Jahre später musste ich nachts für ein Examen lernen, wollte mich brutal aufputschen, nahm Speed und schlief sofort ein. Damit war das Kapitel Drogen für mich abgeschlossen.

Umso mehr profitierte ich jetzt von dem Buch „Breites Wissen“ von Ingo Niermann und Adriano Sack, ein Reiseführer durch „die seltsame Welt der Drogen“ (Rogner & Bernhard, 19,95 Euro). Dem Standardwerk entnahm ich unter anderem, dass in Estland mehr Menschen an Fentanyl sterben als im Straßenverkehr, Kokain von Liebespaaren gemeinsam gegenseitig in Schleimhäute einmassiert wird, die hier genauer zu benennen leicht unanständig klingen könnte, eilige Trip-Liebhaber ihr LSD unter das Augenlied applizieren, damit es schneller wirkt und Bufotenin eine Droge ist, die man direkt von der lateinamerikanischen Aga-Kröte abschleckt. Wie schön.

Gelernt habe ich außerdem, dass Whisky zwar viel Alkohol, aber vergleichsweise wenig Kalorien enthält, er also breit macht, aber nicht dick. Bier ist fast doppelt so nahrhaft. Bei einem Besuch in Edinburgh trank ich kürzlich einen Glenkinchie, einen fruchtig-malzigen Whisky aus den Lowlands, 12 Jahre alt, der als sehr leichter Single Malt gilt, Ob das bedeutet, dass er wirklich zur schlanken Linie beiträgt, weiß ich nicht. Doch ums Herz wurde mir leichter.

Die Kolumne erschien im Focus vom 24. Oktober 2015. 
 
2014 startete BUCH & BAR im Focus. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.
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Paul Celans Liebe zu Brigitta Eisenreich

Du meine Königin, Du meine Freiheit!

Aus Anlass des 95. Geburtstags von Paul Celan:

Brigitta Eisenreich erzählt in ihren Buch “Celans Kreidestern” von ihrer geheimen Liebe mit dem Dichter und Verführer Celan. Ein Buch, das erstaunliche Seiten der Biographie des großen Lyrikers enthüllt und noch einmal zeigt, welche katastrophale Wirkung die Affäre um die Plagiatsvorwürfe von Claire Goll auf Celan hatte.

Das Zentralgestirn dieses Buches heißt Paul Celan. Kaum ein Satz, der nicht auf ihn oder sein Werk zielte. Aber dennoch ist es nicht Celan, der den stärksten Eindruck hinterlässt, sondern der Trabant, der um das Gestirn kreist. Dieser Trabant trägt den Namen Brigitta Eisenreich. Von 1953 bis 1962 hatte Brigitta Eisenreich in Paris ein Verhältnis mit Celan, und als ihr Jahrzehnte nach seinem Tod klar wurde, dass im Deutschen Literaturarchiv zusammen mit dem Nachlass Celans Briefe und Gedichte von ihr aus jener Zeit verwahrt werden, entschloss sie sich, ihre Erinnerungen aufzuschreiben. Sie selbst nennt ihr Buch nüchtern “Bericht”, doch es ist weit mehr als das: Es ist die Geschichte einer außerordentlichen Liebe und vor allem die Geschichte einer klugen, furchtlosen, großmütigen Geliebten.

Brigitte Eisenreich: "Celans Kreidestern". Bericht. Suhrkamp Verlag, Berlin. 9,95 EuroDamit kein falscher Eindruck entsteht: An keiner Stelle spielt sich Brigitta Eisenreich unangemessen in den Vordergrund, sie hat nahezu jeden Anflug von Eitelkeit aus ihren Erinnerungen getilgt. Wer sentimentale Plaudereien, wer wortreich beschworene Liebesstürme oder nachträgliche Klagelieder über das Los der verheimlichten Geliebten erwartet, wird in diesem Buch nicht auf seine Kosten kommen. Das Auf und Ab der eigenen Gefühle erwähnt Brigitta Eisenreich, die Celan konsequent in den Mittelpunkt stellt, allenfalls am Rande. Oft genug lässt es sich nur aus Andeutungen erschließen. Doch das macht ihre Rolle in diesen Erinnerungen umso eindrucksvoller und stellt Celan, auf den sie alle Aufmerksamkeit zu lenken sich bemüht, schließlich in den Schatten.

In der Celan-Forschung, die jeden Stein im Leben ihres Dichters gleich mehrfach umdreht, war bislang wenig über Brigitta Eisenreich zu erfahren. Die Biografen erwähnen sie mit keiner Zeile. Ende 1960 hatte sie einen Leserbrief konzipiert, mit dem sie Celan gegen den hanebüchenen Vorwurf, er habe Verszeilen Ivan Golls in seinen Gedichten plagiiert, in Schutz nahm. Dieser Leserbrief wurde nie gedruckt, ging aber in die umfangreiche Dokumentation zur “Goll-Affäre” von Barbara Wiedemann ein. Viel mehr war über diese Frau, die manches Geheimnis mit einem der wichtigsten Dichter der deutschen Nachkriegsliteratur teilte, bislang nicht bekannt.

Es muss eine jener fabelhaft beschwingten Pariser Sommernächte gewesen sein, in der sich Brigitta Eisenreich und Paul Celan kennenlernten. Sie war 23 Jahre alt, Österreicherin, verdiente sich ihr Studium als Au-Pair-Mädchen und war oft einsam in der großen, fremden Stadt. Ihr Bruder, der Schriftsteller Herbert Eisenreich (1925-1986), besuchte sie im Juni 1952. Er war Celan kurz zuvor bei einer Tagung der Gruppe 47 begegnet und versprach ihr, sie “mit jemand durchaus Besonderem” bekannt zu machen. Einen Abend lang führte Celan die beiden aus, zeigte ihnen seine Lieblingsplätze im Quartier Latin und präsentierte sich von seiner charmantesten Seite. “Er war ein Dichter”, schreibt Brigitta Eisenreich heute, “aber auch, das steht außer Zweifel, zu jeder Zeit ein Verführer, mit einem feststehenden Repertorium an Zauberkünsten.”

Zunächst blieb es bei einem losen Kontakt, Celan, damals 32 Jahre alt, stellte ihr seine Verlobte Gisèle Lestrange vor, die er im Winter 1952 heiratete. Doch eines Abends im Herbst 1953 hörte Brigitta Eisenreich jemanden unter dem Fenster ihres Zimmers ein Motiv aus Schuberts “Unvollendeter” pfeifen. Sie erkannte Celan, öffnete ihm und war sich sofort klar, “dass ich in etwas Schweres hineinging”. Der Beginn der Liaison zwischen beiden fiel in eine für Celan bittere Zeit: Sein erster Sohn François war wenige Stunden nach der Geburt gestorben. Die enorme Verständnisbereitschaft Brigitta Eisenreichs für den trauernden Dichter und den Mann verrät ihr illusionsloser Satz: “Auf Celans zu diesem Zeitpunkt zwangsläufig einsamen Wanderungen durch die Stadt lag ihm meine Wohnstätte, wenn ich so sagen darf, gewissermaßen als Trost- und Haltestelle am Weg.”

Paul Celan: "Todesfuge und andere Gedichte". Text und Kommentar. Kommentare von Barbara Wiedemann. Suhrkamp Verlag. 6,50 Euro

Zurückhaltender kann man die eigene Rolle im Leben eines Geliebten kaum beschreiben und mitfühlender die Tatsache, dass Celan seine Frau nur ein Jahr nach der Hochzeit und wenige Tage nach dem Tod des ersten Kinds hinterging, nicht akzeptieren. Brigitta Eisenreich hielt ihrer beider Liebe von Beginn an frei von Besitzansprüchen und engherzigen Moralvorstellungen. Sie schuf Celan so in ihrem Studentenzimmer eine Zuflucht von fast paradiesischer Unschuld, die unbeschwert blieb von allen Verpflichtungen. Nicht einmal an Liebesäußerungen kann sie sich aus dieser Anfangszeit erinnern, wohl aber an Celans Verwirrung über die Intensität seiner Lust: “Mir war bewusst, dass die starke physische Anziehung, die Celan für mich empfand, ihn beunruhigte.”

Ganz falsch wäre es, sich Brigitta Eisenreich als ein entsagungsvoll auf ihren Liebhaber wartendes Mauerblümchen vorzustellen. Sie war eine rotblonde Schönheit, lebte ein sehr selbstständiges Leben, arbeitete viel, reiste kreuz und quer durch Europa, trieb ihr Studium voran und übernahm später als Ethnologin im Wissenschaftsbetrieb Frankreichs wichtige Funktionen. Doch bei all dem reservierte sie Celan einen Platz in ihrem Herzen. “Du meine Weiße” nannte er sie, “Du meine Freiheit” und “Königin”. Wenn er sie besuchte, hörten sie Musik, sangen zusammen (!), sprachen über Literatur und nicht zuletzt über Celans Gedichte. Als Dichter deutscher Sprache fehlte Celan in Paris das alltägliche Bad im gesprochenen Deutsch. “Zu mir kam er wohl auch”, resümiert Brigitta Eisenreich, “und vielleicht sogar in erster Linie, um für dieses Fehlende einen Ersatz zu finden.”

Der Preis, den sie dafür zahlen musste, war nicht klein. Ende 1955 wurde sie schwanger. Da Celan verheiratet und sie beruflich völlig ungesichert war, blieb nur eine Abtreibung. Celan beschaffte das Geld, Brigitta Eisenreich fuhr allein nach Berlin in eine Klinik und nach dem Eingriff allein wieder zurück. Später zeigte sich Celan allerdings von einer wenig ritterlichen Seite und fragte sie, ob jenes nie geborene Kind tatsächlich von ihm gewesen sei. Doch selbst dafür setzt ihn Brigitta Eisenreich in ihrem Buch nicht auf die Anklagebank.

Am deutlichsten wird die besondere Zuneigung, die sie sich für Celan bis heute bewahrt hat, wenn sie Indizien dafür anführt, dass er seiner Frau Gisèle innerlich auf seine Weise trotz allem die Treue gehalten habe. Brigitta Eisenreich war klar und sie akzeptierte, dass sie in Celans Leben nicht zu den Hauptpersonen gehörte, sondern eine – gern besuchte – Randfigur blieb. Ab einem bestimmten Zeitpunkt spielte Celan, dem als Dichter nichts so sehr verhasst war wie die Lüge, seiner Frau gegenüber mit offeneren Karten: Er gestand ihr das Wiederaufflammen seiner Affäre mit Ingeborg Bachmann 1957 ein und bald darauf offenbar auch die Beziehung zu Brigitta Eisenreich (was er der allerdings lange verschwieg). 1961 versuchte er sogar zwischen beiden ein Verhältnis wie zwischen “Schwestern” zu stiften und arrangierte zwei Abendessen zu dritt – doch die beiden Frauen blieben distanziert.

Hans-Georg Gadamer schrieb einmal, dass “uns manches Gedicht Celans erst dann aufgehen wird”, wenn uns “aus der Kenntnis von Freunden” dieses Autors neue Informationen über ihn “zugeflossen sind”. Schon allein in diesem Sinne ist Brigitta Eisenreichs Buch eine unerhörte Fundgrube. Natürlich wird nicht jeder Celan-Leser einverstanden sein, wenn Brigitta Eisenreich in manchen Gedichten Hinweise auf ihre mit Celan verbrachte Zeit zu entdecken glaubt. Doch das macht nichts, der Celan-Interpret, mit dem die ganze Celan-Gemeinde einverstanden wäre, muss erst noch geboren werden. Abgesehen davon sind diese Aufzeichnungen ein unvergleichlicher Schatz für jeden, der sich ein Bild davon machen will, was für ein Mensch dieser Dichter war.

"Paul Celan - Die Goll-Affäre". Dokumente zu einer "Infamie". Zusammengestellt und kommentiert von Barbara Wiedemann. Suhrkamp Verlag. 82 Euro

Das betrifft keineswegs nur sein Liebesleben. Brigitta Eisenreichs Erinnerungen bestätigen noch einmal, welche katastrophale Wirkung die “Goll-Affäre” auf Celan hatte. Die Verfolgungsängste aus der Nazi-Zeit, in der seine Eltern ermordet und er selbst in ein Arbeitslager verschleppt worden war, brachen wieder auf. Die Sprache war für den Heimatlosen nach dem Krieg zu einer letzten, innersten Freistatt geworden. Doch gerade aus ihr musste er sich durch die Behauptung, er sei ein Plagiator Ivan Golls, vertrieben fühlen. Er reagierte mit aggressivem Misstrauen auch gegen Freunde, auch gegen Brigitta Eisenreich. Was ihn für sie liebenswert machte, verschwand, er “wurde fordernd und fast gewalttätig”. Er ließ sie oft lange ohne Nachricht, stand dann “mit einer halbgeleerten Flasche Cognac” vor ihrer Tür und machte ihr Eifersuchtsszenen. Nach ein, zwei ratlosen Jahren trennte sie sich 1962 von ihm. Celan fand aus seiner Krise nie wieder heraus, griff seine Frau mit einem Messer an und verbrachte viele Monate in psychiatrischen Kliniken.

Im Jahr nach der Trennung heiratete Brigitta Eisenreich einen Österreicher und bekam eine Tochter. Sie blieben in Frankreich, doch in den ersten ruhelosen Jahren war die kleine Familie zu vielen Umzügen gezwungen. Als Brigitta Eisenreich im November 1969 Celan ein letztes Mal traf, aus Zufall, wohnte sie in Thiais im Süden von Paris. Einige Monate später schickte ihre Mutter ihr aus Österreich eine Zeitungsmeldung vom Selbstmord Paul Celans. Er war, ohne dass sie es ahnte, ganz in ihrer Nähe auf dem Friedhof von Thiais begraben worden.

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Buch & Bar (42): Polly Morland “Risk Wise”

Vom saugefährlichen Leben der Professoren

Heute: Über elterlich ehrlich aufgewühltes Lesen und Trinken

Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.

Polly Morland: "Risk Wise. Von der Kunst mit Risiken zu leben". Weissbooks Verlag, Frankfurt am Main. 9,99 Euro

No risk, no fun. – Unser jüngster Sohn trainiert begeistert Parkour. Soll heißen: Er springt schon mal Salti das Treppenhaus runter oder balanciert über Brückengeländer. Er hat massenweise „Fun“ dabei, und Annette und ich geben uns massenweise Mühe, nicht zu viel ans „Risk“ zu denken.

Die Britin Polly Morland hat jetzt ein Buch über die Liebe zum Risiko geschrieben. Sie nennt es „Risk Wise“ (weissbooks, 9,99 Euro) und erzählt darin von Leuten, die neben Vulkankratern wohnen, als Ski-Abfahrtsläufer oder hoch verletzungsgefährdete Ballettstars ihr Geld verdienen. Sie alle haben Spaß, Erfolg und wenig Verständnis für Angsthasen. Ehrlich gesagt: Interviews aus dem Krankenhaus mit weniger erfolgsverwöhnten Risikoliebhabern hätten mich mehr beeindruckt. Im Nachwort stimmen dann noch Nietzsche und Heidegger Loblieder an aufs gefährliche Leben. Der eine war Professor in Basel, der andere in Freiburg, nie balancierte sie auf Brückengeländern.

Vielleicht verstehen Sie jetzt, dass ich mir gelegentlich einen beruhigenden Drink mixe. Sehr gelobt wird der T-Town Tranquilizer, ein Punch mit so vielen Zutaten (2 Wodkas, 1 Korn, 7 Obstsorten, Ananassaft, 1 Dose 7up), dass man an Nervosität stirbt, bevor er fertig ist. Empfehlen kann ich Limoncello, einen Zitronen(schalen)likör. Mit Eis und Thymian wirkt er erfrischend und zugleich erstaunlich entspannend.

Die Kolumne erschien im Focus vom 17. Oktober 2015. 
 
2014 startete BUCH & BAR im Focus. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.
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Gespräch mit Ernst Augustin

“Bis 12 Uhr war ich ein Literatur-Star”

Ernst Augustin im Gespräch über seinen Roman “Schönes Abendland” von 2007, die Gruppe 47 und das Schreiben allein in der Wüste sowie die Schwarze Romantik.

Der Schriftsteller Ernst Augustin feiert heute seinen 88. Geburtstag und fällt aus der Reihe. Schon sein Haus im Münchner Stadtteil Neuhausen sticht heraus: Zwischen gleichförmigen Fassaden wirkt es von den Bäumen des eigenen Gartens wie umhüllt und verborgen. Sein Treppenhaus ist bis in den dritten Stock hoch ausgemalt von Augustins Ehefrau, der Malerin Inge Augustin. Der Hausherr, für den Architektur nicht nur in seinen Romanen eine große Rolle spielt, hat es mit Dachterrasse und Keller-Disko, mit Kajützimmer und privater Nachtbar, mit verschwiegenen Gängen und geheimen Türen zu einem sehr persönlichen Wunderhaus umgestaltet. Zur Feier seines Geburtstags hier ein Gespräch mit ihm über seinen großen Roman “Schönes Abendland”.

Ernst Augustin: "Schönes Abendland". Roman. dtv. 12,90 Euro

Uwe Wittstock: 2007 erschien ihr Roman „Schönes Abendland“, eine Neufassung ihres Romans „Mamma“ von 1970. Was für Erfahrungen haben Sie bei der Arbeit an diesem fast vier Jahrzehnte alten Buch gemacht?

Ernst Augustin: Ich habe das Buch immer geliebt, aber es wurde nicht geliebt. Dann habe ich es noch einmal durchgelesen, und ich muss sagen, es war misslungen. Ich erzählte nacheinander die sehr unterschiedlichen Lebensgeschichten von Drillingen. Aber die Reihenfolge war falsch. Ich habe die jetzt umgestellt, vieles neue geschrieben und verändert. Einer der drei Helden wird General, dessen Lebensgeschichte stand früher zu Anfang. Marcel Reich-Ranicki hat das Buch damals schroff abgelehnt, er fand es militaristisch. Offenbar hatte er nur den Anfang gelesen und die Ironie der Geschichte nicht verstanden. Heute würde er, mit dem Kaufmann beginnend, vielleicht mehr Stimmigkeit entdecken.

Wittstock: „Schönes Abendland“ ist ein großer, anspruchsvoller Titel. Fast, als enthielte der Roman eine Art Weltformel, eine Erklärungsformel fürs gesamte Abendland.

Augustin: Es ist ein abendländisches Gleichnis. Es beginnt in der Renaissance-Zeit, in der drei Männer, der Kaufmann, der General und der Arzt für allzu großes Gewaltstreben hingerichtet werden. Sie werden auf der Stelle wiedergeboren – dieses Mal in unserer Zeit – und wieder streben sie mit allen Mitteln, die ihre Gesamtexistenz in sich trägt, nach Reichtum, Macht, Wissen. Im Übermaß. Ich habe diese drei Lebensläufe als eine Art absurde Kultur- und Sittengeschichte geschrieben: Absurdität des Habenwollens, der maßlosen Aufstiegs- (und Abstiegs-) Möglichkeiten, und der daraus resultierenden ziemlich tödlichen Ergebnisse. So erscheinen sie mir doch sehr abendländisch.

Wittstock: Wie war das Echo damals? Aus heutiger Sicht hat man nicht den Eindruck, dass ein so ironisch flirrendes, phantastisches, schrilles Buch gut in die Hochzeit der Studentenbewegung passte.

Ernst Augustin: "Romane und Erzählungen" In acht Bänden. Verlag C.H.Beck. 78 Euro

Augustin: Ich habe auch Zustimmung bekommen, größtenteils aber Ablehnung geerntet. Der Werbemann meines damaligen Verlages, Suhrkamp, hatte den Slogan geprägt: Man erzählt wieder. Das klang wie: Man trägt wieder Hut und kam gar nicht gut an. Der Roman passte wohl tatsächlich nicht in diese Zeit eines teilweise politischen, teilweise literarisch formalistischen Avantgardismus. Ich wollte erzählen, ich bin ein Erzähler. Vielleicht trifft das Buch heute auf offnere Ohren.

Wittstock: Sie haben aus diesem Roman auch 1966 in Princeton bei der Gruppe 47 gelesen?

Augustin: Da fing das Unglück schon an. Ich las dort einen Ausschnitt aus dem Romanteil über den Arzt unter meinen drei Helden. Eine in sich geschlossene, runde Geschichte über seine kindlichen Doktorspiele. Es war ein großer Erfolg, die Geschichte kam prächtig an, wurde hoch gelobt. Damals glaubte man ja noch, dass jeder, der von der Gruppe 47 gefeiert wird, sofort der nächste Literaturstar wird. Ein Journalist der Münchner Abendzeitung telegrafierte sofort in seine Redaktion: „Ich war dabei!“ Man hat mich richtiggehend hofiert. Aber nur bis 12 Uhr mittags. Am Nachmittag kam Peter Handkes großer Auftritt, seine Kritikerbeschimpfung, seine wütende Rede gegen die Gruppe 47. Damit war ich völlig abgemeldet. Ich existierte nicht mehr. Handke war nun der große Mann.

Wittstock: Man merkt das ihren Büchern deutlich an: Sie haben sich nicht den damals in Deutschland verbreiteten literarischen Trends angeschlossen. Welche Vorbilder hatten Sie statt dessen?

Augustin: Ich hatte wenig Vorbilder. Ich kam ja aus der DDR. Die ganze Moderne gab es da gar nicht. Es gab keinen James Joyce, es gab noch nicht einmal Kafka. Was ich dort gelesen habe, waren die großen russischen Autoren, ich habe Gogol gelesen und sehr geliebt. Dann natürlich Thomas Mann. Und Hans Fallada, ein ausgesprochener Erzähler, den ich sehr mochte. Ansonsten aber habe ich mich vor allem mit den Romantikern beschäftigt. Mit E.T.A. Hoffmann, Jean Paul, Edgar Allan Poe, Melville. Die Romantiker sind für mich bis heute der wichtigste literarische Bezugspunkt.

Wittstock: Haben Sie damals überhaupt in Deutschland gelebt?

Augustin: Ja und nein. Ich habe ja immer einen Fuß draußen gehabt. Ich kam 1958 aus der DDR in den Westen und bin dann direkt nach Afghanistan gegangen, habe dort bis 1961 als Arzt gearbeitet für eine amerikanische Firma, die unter anderem einen Staudamm baute, Brücken und ein Bewässerungssystem. Entwicklungshilfe eben. Dort habe ich dann angefangen zu schreiben. Meinen ersten Roman „Der Kopf“. Das war geboren aus der Situation. Ich saß allein mitten in der Wüste und schrieb vor mich hin. Und habe mir so durch meine Figuren etwas Gesellschaft verschafft. Nach 1961 kam ich dann zurück nach Deutschland, bevor ich in Mittelamerika, in Costa Rica gearbeitet habe. Das Aufnahmeverfahren als DDR-Flüchtling in der Bundesrepublik habe ich erst nach meiner Rückkehr aus Afghanistan gemacht. Genau genommen war ich dort – den DDR-Pass hatte ich nicht mehr, den neuen Pass noch nicht – drei Jahre lang staatenlos.

"Ernst Augustin". Edition Text + Kritik. Göttingen 2015. 24 Euro

Wittstock: Das ist vielleicht eine bezeichnende Episode für Ihr Schicksal: Sie sind ein Sonderfall. Ihr üppiges, schwelgerisches, ebenso phantastisches wie realistisches Fabulieren passt hierzulande nicht in die üblichen Kategorien.

Augustin: Eigentlich bin ich selbst Romantiker. Es ist ja eine sehr deutsche, eine urdeutsche literarische Veranlagung. Schwarze Romantik liegt mir am meisten. Es muss im Hintergrund immer ein schweres Gewitter aufziehen, immer schwarz bei aller Lieblichkeit im Vordergrund, bei aller Ironie und leichter Hand, die ich rüberzubringen versuche. Es ist mein Los und meine Freude.

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Porträt des Schriftstellers Ernst Augustin

Autor, Arzt und Abenteurer: Der Erzähler Ernst Augustin ist nicht zum fassen

Heute hat er Geburtstag. Und zwar den 88. Ernst Augustin ist einer der großen Schriftsteller der deutschen Literatur, der in keine der üblichen Kategorien passt: Ein Weltreisender, Psychiater, phantastischer Realist, literarischer Traum-Forscher und Kunst-Labyrith-Baumeister. Ich habe ihn in seinem Münchner Haus besucht, das er mit seiner Frau in ein wahres Wunder-Werk verwandelt hat.

Die Pariser Oper gefällt ihm. Also hat er sie sich ins Haus geholt. Genauer: maßstabsgerecht verkleinerte Teile davon. Zwei gut ein Meter hohe, grauweiße Modelle der Fassade stehen in Ernst Augustins Arbeitszimmer und laden ein zu Spaziergängen unter prachtvollen Arkaden, zu Streifzügen über marmorne Aufgänge und Treppen, zum Flanieren durch festliche Entrees, Foyers, Hallen und Spiegelsäle. Oder auch zur Suche nach verborgenen Winkeln, versteckten Türen, labyrinthischen Fluchtgängen, wie sie Phantome in der Oper bekanntlich brauchen. Und fassadenkletternde Trickdiebe auch. Oder die zahlreichen heimlichen Liebhaber der Sopranistin. Oder Attentäter auf dem Weg zur Präsidentenloge. Nicht zu glauben, wie phantasiesteigernd so ein Riesengebäude in Tischformat sein kann. Kaum fällt der Blick drauf, gleiten die Augen in eine andere Wirklichkeit, in der die erstaunlichsten Dinge möglich sind. Jedes Giebelchen, jede Nische, jeder Erker vollgestopft mit Geschichten.

Ernst Augustin: "Raumlicht: Der Fall Eveline B." Roman. dtv. 9,90 Euro

Wer über den Autor, Arzt und Abenteurer Ernst Augustin spricht, kann über Architektur nicht schweigen. Augustin zählt zu den großen Baumeistern und Raumerfindern unter den deutschen Schriftstellern. Manchmal empfangen seine Bücher den Leser gleich mit der Beschreibung eines Hauses und seiner Zimmer, detailliert bis hin zu Sesseln, Schränken, Teppichen, Tapeten, Bildern, Büchern wie der Roman „Raumlicht: der Fall Eveline B.“ Oder sie laufen über 200 Seiten hinweg auf die minuziöse Schilderung eines Sand- und Sonnenstudios zu, eines perfekten Verführungsgemaches für eine sommersüchtige, schönhüftige Badenixe wie „Die Schule der Nackten“.

Augustins imaginäre Welten sind wie waghalsige Architekturmodelle, in denen man von Raum zu Raum wandert, vom exquisiten Boudoir zum kahlen Keller, von der engen Bude zur guten Stube, von der frommen Kemenate zu grandiosen Gelass. Es tun sich immer neue, fabelhafte Ein- und Ausblicke auf, der Leser durchschreitet eigentümliche Zimmerfluchten voller kleiner erzählerischer Wunderwerke und Überraschungen. Einen genialen Fälscher, der an neuen deutschen Geldscheinen scheitert, macht Augustin ebenso zu seinem Romanhelden (in „Gutes Geld“) wie einen afghanischen Mogulkaiser im Jahre 1000 („Mahmud der

Ernst Augustin: "Die Schule der Nackten" Roman. dtv. 9,90 Euro

Bastard“), ein FKK-Schwimmbad genauso zum Romanthema („Schule der Nackten“) wie eine psychotherapeutische Gruppe in London („Eastend“).

Seine Bücher fügen sich nicht in gängige Genre oder Literaturmuster, es sind machtvoll wuchernder Gebilde eigener Güte. Aber wer will, kann diese Bauten immer auch als Seelenwelten betrachten, als Seelenräume, die der Arzt, der Psychiater Ernst Augustin schreibend sowohl entwirft wie auch erforscht. „Das ist meine Schale“, sagt er, und meint damit sein Münchner Haus. Dabei sieht er gar nicht aus, als bräuchte er eine Schale: Groß, beweglich, lachlustig.

Aus diesem Haus hat er, zusammen mit seiner Frau, der Malerin Inge Augustin, auch so ein Wunderwerk gemacht. Ein Kunst-Labyrinth auf vier Etagen, plus einen Keller. Von außen ist es ganz zugewachsen und unscheinbar. Innen aber warten schon an den Treppenhaus-Wänden gemalte Marmorsäulen vor südlichen Trompe-l’Œil-Landschaften. Dazu füllig-prächtige Frauen-Plastiken, die Botero vor Neid erblassen lassen sollten.

Und auf dem Dach hat Ernst Augustin einen Wintergarten angelegt samt Terrasse, in den Etagen darunter eine Bibliothek und eine Schiffskajüte im englischen Stil, dazu eine schummrige Nachtbar und im Keller eine Diskothek in türkis-rosa nur für den persönlichen Gebrauch. Hinter Spiegeltüren verbergen sich geheimnisvolle Nebentreppen und irgendwo im Haus, so kokettiert Augustin, hat seine Frau ihr persönliches „Hideaway“, von dem er nicht genau wisse, wo es ist und in dem er nie gewesen sei.

Ernst Augustin: "Gutes Geld" Roman in drei Anleitungen. Verlag C.H.Beck. 19,95 Euro

Auch Augustins Biographie wirkt ein wenig wie so eine seltsame Zimmerflucht. Lauter gewichtige Stationen, die wie unverbunden nebeneinander stehen. Er wurde im Riesengebirge geboren, in dem Städtchen Hirschberg, das heute Jelenia Góra heißt und in Polen liegt. Zur Schule ging er im mecklenburgischen Schwerin, wo er als halbes Kind noch zur Wehrmacht eingezogen und verheizt werden sollte. Aber er beeindruckte die Musterungskommission mit 50 Klimmzügen, qualifizierte sich so für eine Offizierslaufbahn, durfte deshalb ein Jahr länger zum Gymnasium – und als er dann tatsächlich Uniform trug, war kurz darauf der Krieg zu Ende.

In der DDR studierte er Medizin, wurde erst Chirurg in Wismar, dann Psychiater an der Ostberliner Charité, dem heimlichen Zentrum für schriftstellerisch ambitionierte Ärzte, beziehungsweise ärztlich vorgebildete Schriftsteller: Dort betrieb schon ein Mediziner namens Alfred Döblin wissenschaftliche Forschungen, bevor er mit seinem Roman „Berlin Alexanderplatz“ zu Weltruhm kam, dort arbeitete der Arzt Gottfried Bermann-Fischer, der den S.Fischer Verlag durch die Nazi-Zeit brachte und Peter Bamm, der in der Nachkriegszeit Bestseller schrieb, hier stand der Dramatiker Heinar Kipphardt als Assistenzarzt am Krankenbett und hier arbeitete der Erzähler Jakob Hein.

Ernst Augustin: "Der amerikanische Traum" Roman. dtv. 9,90 Euro

Augustin lebte seine literarischen Leidenschaften allerdings erst aus, als er die DDR verlassen hatte. 1958 ging er in den Westen und leitete für drei Jahre ein amerikanisches Krankenhaus in Afghanistan. Nebenher schrieb er seinen ersten Roman „Der Kopf“, der 1962 nach seiner Rückkehr nach Deutschland erschien. Das Buch wurde bestens aufgenommen und mit dem Hermann-Hesse-Preis ausgezeichnet, aber es konnte seinen Autor nicht im Lande halten. Augustin, der Abenteurer, ließ sich zu ausgedehnten Reisen durch Indien, durch die Türkei und Russland verlocken. Und ging für das gleiche amerikanische Unternehmen, für das er bereits in Afghanistan gewesen war, nun lange nach New Orleans. Was ihn nicht davon abhielt, in München als Gerichtsgutachter zu arbeiten, sich ein Haus zu kaufen und es nach seinen Vorstellungen aus- und immer weiter umzubauen.

So wenig sich Augustins Leben in ein Schema pressen läßt, so wenig läßt sich seine Literatur auf einen einfachen Nenner bringen. Am besten paßt vielleicht das Etikett Phantastischer Realismus. Der Roman „Der amerikanische Traum“ zum Beispiel beginnt mit einem Jungen, der – wie Augustin – den letzten Kriegswinter in der Nähe von Schwerin verbringt. Aber er hat – anders als Augustin – das Pech, von einem Tiefflieger angegriffen, vom Fahrrad geschossen und tödlich verletzt zu werden. Auf den letzten Seiten des Buches, kommt das Vorderrad des umgestürzten Fahrrades sehr langsam zum Stillstand, und mit dem Ende dieser Bewegung endet auch das Leben des jungen Fahrers.

Ernst Augustin: "Mahmud der Bastard" Roman. dtv. 9,50 Euro

Zwischen diesem unsinnigen Angriff und dem absurden Streben des Kindes erzählt Augustin auf gut 200 Seiten den Lebenstraum des Jungen – und der entpuppt sich als rasante Abenteuergeschichte, angesiedelt irgendwo zwischen der Welt von Karl Mays Old Shatterhand und Raymond Chandlers Detektiv Marlowe. Im Kino würde man so etwas wohl eine Genre-Parodie nennen, ein luftig-ironisches Spiel mit altbekannten Handlungsmustern, in das sich bei Augustin allerdings auch die Besatzung jenes Tieffliegers einmischt – womit sich die erzählte Wirklichkeit und die erzählte Traumgeschichte durchdringen. Aber ungewöhnlich ist nicht nur das Thema, ungewöhnlich ist auch die Sprache.

Augustin hat in seinen späten Romanen einen federleichten, humorvollen, ganz und gar entspannten Stil entwickelt, der klingt, als hätte sich das gesprochene Alltagsdeutsch wie von selbst aufs Papier geschmuggelt. Augustin schaut dabei den Menschen keineswegs aufs Maul, wie in solchen Fällen das Klischee gern behauptet, vielmehr verdankt sich dieser scheinbar einfache Ton einer eminenten Kunstleistung. Jede sprachliche Einschüchterungsgeste, alles Hochtrabende, Gestelzte, das der deutschen Literatur so schwer auszutreiben ist, hat Augustin hier hinter sich gelassen und so eine Art Trompe-l’Oreille geschaffen, einen ohrentäuschend realistischen Sound, der in heiterer Gelassenheit phantastische Welten aufblättert.

Wer so viele Welten, Häuser, Räume entwirft wie Augustin, wer zugleich Arzt und Autor ist und dazu noch so gern in fernste Fernen verschwindet, der läßt sich naturgemäß kaum festlegen. Er ist nicht zu fassen. Man kann nur schwer sagen: So ist er, das ist er, hier ist er. Denn er ist immer auch ganz anders und schon wieder weit fort. Vielleicht hält es Ernst Augustin mit dem Leben so, wie es das Märchen vom Hase und vom Igel erzählt. Wann immer das hasenhafte Leben angehetzt kommt, kann er sagen: „Ich bin schon da!“ Im sicheren Gefühl, daß er genausogut auch woanders ist.

"Ernst Augustin" Edition Text und Kritik. Göttingen 2015. 24 Euro

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Buch & Bar (41): Wilhelm Schmid “Vom Nutzen der Feindschaft”

Gibt es noch Ritter in unritterlicher Zeit?

Heute in der Kurz-Kolumne “Buch & Bar”: Über braves Lesen und wildes Trinken – und zwar im Falle von Wilhelm Schmids Plädoyer für den “Nutzen der Feindschaft” samt einem kräftigen Schluck “Zombie”-Cocktail

Wilhelm Schmid: "Vom Nutzen der Feindschaft". Mit Illustrationen von Caroline List. Insel Verlag, Berlin 2015. 8 Euro

Der Philosoph Wilhelm Schmid schwärmt in seinem neuen Buch „Vom Nutzen der Feindschaft“ (Insel Verlag, 8 Euro). Denn, so Schmid, Feindschaft gibt dem Leben ein Ziel (dem Feind schaden), schärft die Sinne (beim Belauern), macht selbstkritischer (um sich ja keine Blöße zu geben), befeuert die Fantasie (beim Ersinnen der nächsten Kriegslist) und setzt ungeahnte Energien frei (sobald der Kampf beginnt).

Kurz, Feinde sind echt super. Fast das Beste im Leben. Wir müssen froh sein, sie zu haben.

Blutig ernst meint Schmid das vermutlich nicht, denn sein Buch ist voller Ratschläge, wie Hass eingedämmt, starre Fronten gelockert, das Menschliche im Feind entdeckt, seine Vernichtung vermieden oder ein Ausweg aus dem Streit gefunden werden kann. Falls ich alles richtig verstanden habe, geht es Schmid also um sehr gepflegte Feindschaften mit gegenseitiger ritterlicher Wertschätzung und so. Sicher, die sind bestimmt prima, mir aber leider noch nie über den Weg gelaufen.

Die Feindschaften, die ich kenne, erinnern mich eher an den Zombie-Cocktail. Für den gibt es nämlich keine festen Regeln: Fünf oder sechs Rumsorten zusammenkippen, darunter gern auch welche mit 70 % Vol., dazu Crushed Ice und irgendwelche Fruchtsäfte, was gerade rumsteht, egal. Kräftig schütteln, trinken und dann Gott befohlen.

Die Kolumne erschien im Focus vom 9. Oktober 2015. 
 
Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann. 2014 startete BUCH & BAR im Focus. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.

 

 

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