Buch & Bar (43): “Breites Wissen” von Ingo Niermann und Adriano Sack

Alles nur Schall und Rausch

Heute über: Möglicherweise bewusstseins-, sicher aber gewichtsveränderndes Lesen und Trinken

Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.

Ingo Niermann, Adriano Sack: "Breites Wissen. Die seltsame Welt der Drogen und ihrer Nutzer". Rogner & Bernhard, Berlin 2015. 19,95 Euro

Drogen sind nicht so mein Ding. Als ich jung war, also in einer Zeit jenseits jedes Vorstellungsvermögens, habe ich drei-, viermal an Selbstgedrehten gezogen, die toxikologisch versierte Freunde kreisen ließen. Sie fühlten sich prima, mir wurde übel. Also ließ ich das. Jahre später musste ich nachts für ein Examen lernen, wollte mich brutal aufputschen, nahm Speed und schlief sofort ein. Damit war das Kapitel Drogen für mich abgeschlossen.

Umso mehr profitierte ich jetzt von dem Buch „Breites Wissen“ von Ingo Niermann und Adriano Sack, ein Reiseführer durch „die seltsame Welt der Drogen“ (Rogner & Bernhard, 19,95 Euro). Dem Standardwerk entnahm ich unter anderem, dass in Estland mehr Menschen an Fentanyl sterben als im Straßenverkehr, Kokain von Liebespaaren gemeinsam gegenseitig in Schleimhäute einmassiert wird, die hier genauer zu benennen leicht unanständig klingen könnte, eilige Trip-Liebhaber ihr LSD unter das Augenlied applizieren, damit es schneller wirkt und Bufotenin eine Droge ist, die man direkt von der lateinamerikanischen Aga-Kröte abschleckt. Wie schön.

Gelernt habe ich außerdem, dass Whisky zwar viel Alkohol, aber vergleichsweise wenig Kalorien enthält, er also breit macht, aber nicht dick. Bier ist fast doppelt so nahrhaft. Bei einem Besuch in Edinburgh trank ich kürzlich einen Glenkinchie, einen fruchtig-malzigen Whisky aus den Lowlands, 12 Jahre alt, der als sehr leichter Single Malt gilt, Ob das bedeutet, dass er wirklich zur schlanken Linie beiträgt, weiß ich nicht. Doch ums Herz wurde mir leichter.

Die Kolumne erschien im Focus vom 24. Oktober 2015. 
 
2014 startete BUCH & BAR im Focus. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.
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