Die Bücher-Bar / Eine Kolumne / Folge 12

Der Büchersäufer stellt in dieser Kolumne Bücher vor, die er mit Genuss bis zur Neige geleert, oder an denen er lieber nur kurz genippt hat.

Heute geht es um die Frage, auf welche Weise man als Schriftsteller oder Schriftstellerin richtig gekleidet ist und wie die bedeutende Mode des Literaturbetriebs für die Nachwelt konserviert werden kann.

Manche Dichter sind vielleicht nicht gut, aber dafür gut angezogen

Haruki Murakami: "Murakami T. Gesammelten T-Shirts". Übersetzt von Ursula Gräfe. 192 Seiten, 108 Abbildungen. Verlag DuMont. 24 Euro

Haruki Murakami: “Murakami T. Gesammelten T-Shirts”. Übersetzt von Ursula Gräfe. 192 Seiten, 108 Abbildungen. Verlag DuMont. 24 Euro

Wo sind eigentlich Goethes Socken geblieben? Er soll schon in jungen Jahren welche aus Seide getragen haben, schließlich war seine Familie schwerreich. Aber über ihren Verbleib ist nichts bekannt. Es fällt schwer, sich das einzugestehen, doch die bittere Wahrheit lautet: Ein Stück Goethe ist verloren gegangen.

Dabei war Goethe sehr zufrieden mit seinen Socken. Nur bei Sommerausflügen an den Rhein trug er darunter noch feine Ledergamaschen, damit sich die „entsetzlichen Rheinschnaken“ (Dichtung und Wahrheit) bei dem Versuch, Dichterblut abzuzapfen, den Rüssel ruinieren. Was uns sofort zur nächsten Frage führt: Wo sind eigentlich Goethes Gamaschen geblieben?

Natürlich ist es gut, wenn große Autoren solchen eminenten Problemen ihrer Nachwelt rechtzeitig vorbeugen. Deshalb hat der japanische Schriftsteller Haruki Murakami jetzt seinen Kleiderschrank geleert und eine sorgfältig illustierte und edierte historisch-kritische Gesamtausgabe seiner T-Shirts zusammengestellt: „Murakami T“ (DuMont, 24 Euro). Die Kuratoren künftiger Murakami-Museen sind nun bestens im Bilde, auf welche potentiellen Ausstellungsstücke sie konservatorisch zu achten haben.

Bekleidungsfragen wurden im Literaturbetrieb ja lange vernachlässigt. Aber damit hat die junge amerikanischen Dichterin Amanda Gorman nach ihrer Lesung für Präsident Joe Biden gründlich aufgeräumt und die Weltöffentlichkeit inzwischen wissen lassen, dass sie mit Prada und Estée Lauder zusammenarbeitet, um ihre Gedichte modisch jederzeit ins rechte Licht zu rücken.

Und nun kommen erregende Fashion-News auch von Michel Huellebecq, dem Vordenker des Clochard-Looks in der französischen Buchbranche. Huellebecq besuchte das Thomas-Bernhard-Haus im österreichischen Obernathal und probierte dort die Trachtenjacke des verblichenen Kollegen Thomas Bernhard an. Sie passte und gefiel ihm so gut, dass er sich seither häufiger in dem kostbaren Stück zeigt. Dem naheliegenden Verdacht, er habe sie geklaut, widersprach jetzt die Thomas-Bernhard-Gesellschaft in einer öffentlichen Erklärung: Huellebecq habe die Jacke nach der Anprobe „nicht mehr zurückgegeben“ und die Bernhard-Kuratoren hätten das „toleriert“.

 

 

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