Ivanka Trump “Women Who Work”

Mutter Teresa für Träumer

Warum kann eine Frau für ihre Karriere nichts Besseres tun, als Handtaschen zu kaufen? Ivanka Trump erklärt das in ihrem neuen Buch „Women Who Work“. Sie schreibt die Regeln für Erfolg neu – zumindest für all die, deren Eltern Milliardäre sind

Ivanka Trump hat ein Buch veröffentlicht. Im ersten Moment denkt man: Respekt. Sie ist Unternehmerin, handelt mit Immobilien, Mode und Juwelen, hat drei kleine Kinder und mischt als Beraterin ihres Vaters kräftig in der Politik mit. Nun auch noch ein Buch. Wie schafft die Frau das?

Ivanka Trump: "Women Who Work". Rewriting the Rules for Success. Portfolio Random House US. 14,99 Euro (Englisch)

Im zweiten Moment sieht alles anders aus. Da ist es eine Geschichte vollermieser kleiner Tricks und Peinlichkeiten.

Das Buch heißt „Women Who Work“ (Portfolio/Penguin Verlag USA, 17,99 Euro) und zählt all die Benachteiligungen auf, mit denen sich berufstätige Frauen rumschlagen müssen: schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, geringeres Gehalt bei gleicher Arbeit, Diskriminierung bei Beförderungen.

Natürlich hat Ivanka Trump mit sol chen Problemen selbst nichts zu schaffen. Sie wurde mit einem goldenenLöffel im Mund geboren und kann sich als Berufstätige jede Hilfe kaufen, die sie braucht. Doch das spricht nicht gegen ihr Engagement für „women who work“. Wenn George Soros, der noch viel reicher ist als der Trump-Clan, ohne Manipulationsabsicht einen Hilfsfonds auflegen würde für, sagen wir, Literaturredakteure, auch wenn er selbst nichts zu tun hat mit den Sorgen der Literaturredakteure, wäre das völlig in Ordnung – und sehr in meinem Sinne.

Der entscheidende Begriff ist hier: „ohne Manipulationsabsicht“. Was Ivanka Trump mit „Women Who Work“ macht, ist etwas anderes. Sie verquickt ihren angeblichen Einsatz für berufstätige Frauen eng mit den Verkaufsinteressen ihrer Firmen. Sie behauptet in ihrem Buch vollmundig, es sei die „Mission ihrer gesamten Karriere“, arbeitende Frauen zu stärken und zu inspirieren.Doch sie benutzt diese Mutter-Teresahafte Wohltätigkeit nur als Verkaufsargument für ihre Modeprodukte.

Auf ihrer Website Women Who Work finden sich neben ein paar Allerweltsweisheiten und Lebensberichten erfolgreicher Frauen vor allem Konsumtipps. Im Grunde ist die Seite nichts anderes als ein Einkaufsportal mit ein wenig Frauenpower-Deko drum herum.

Das Buch funktioniert genau so. Es reiht eine endlose Zahl von Zitaten aus anderen Karriere-Ratgebern anein ander und verquickt sie mit (Schleich-)Werbung für die Trump-Hotels oder Ivankas Fashion-Brands sowie komplett ungenierter Selbstbeweihräucherung. Sie habe, schreibt sie, ihre Firmen im Hinblick auf eine größere Aufgabe entworfen: Ob man ihre Schuhe anprobiere oder ob man ihre Bewerbungstipps durchgehe, immer gehe es ihr, Ivanka, nur darum, berufstätigen Frauen mit Rat und Inspiration zur Seite zu stehen.

Das Wahnsinnigste an dem Buch sind die Karriere-Ratschläge, die sie gibt. Denn die richten sich gar nicht an „women who work“, sondern genauer: an Frauen in Führungsetagen, an Unternehmerinnen und Vorstandsvorsitzende: Gründen

Sie, so predigt Ivanka, nur Firmen, die Ihrer Leidenschaft entsprechen! Stellen Sie Leute aus fremden Branchen ein, die bringen frische Ideen mit! Brauchen Sie Zeit für Privates? Dann geben Sie Ihrem Team mehr Verantwortung, und lassen Sie es schuften!

Ivanka Trumps Vorstellung von Emanzipation beschränkt sich letztlich auf Frauen, die keine Lust darauf haben zu warten, bis ihre Männer sie mit Juwelen überhäufen, sondern die sich ihre Juwelen eben selbst kaufen – möglichst aus der Ivanka-Trump-Kollektion.

Doch diese Frauen in hochkarätigen Positionen sind auf eines ganz sicher nicht angewiesen: auf die dürftigen, aus beliebigen anderen Berufsberatungs-Fibeln zusammengeklaubten Lebensweisheiten, die sich in Ivanka Trumps Buch finden. Für welches Publikum also hat sie ihr Buch geschrieben?

Im 19. Jahrhundert gab es die Tradition des Dienstmädchen-Romans: billige Liebesromane für Dienstmädchen, die vom Leben der großen Gesellschaft erzählten und möglichst von einem steinreichen jungen Mann, der sich in sein Dienstmädchen verliebt und es heiratet. Nach diesem Muster sollte man Ivanka Trump die Erfinderin des Dienstmädchen-Sachbuchs nennen. Ihr Buch ist für Leute, die davon träumen, Karriere zu machen wie die große Ivanka, und so naiv sind zu glauben, die seichten Tipps des Buches würden sie auf diesem Weg weiterbringen. Oder nicht einmal das: Es ist für Leute, die damit zufrieden sind zu lesen, wie es in der bewunderten Welt der bewunderten Powerfrauen so zugeht – und sich, um an dieser Welt in ihrer Fantasie ein wenig teilzuhaben, ein Paar Schuhe oder eine Handtasche im Ivanka-Style kaufen.

Der Schlager sei, heißt es, die perfekte Musik, um mit den unreflektierten Sehnsüchten des Publikums einen Haufen Geld zu verdienen. In diesem Sinne ist Ivanka Trump die Helene Fischer des Karriere-Ratgebers.

 

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