Der Gentleman reist, genießt und schweigt
Heute: Über den Kampf um die Aufmerksamkeit beim Lesen und Trinken
Es gibt Künste, die jeder beherrscht. Wirklich jeder, ganz instinktiv. So zum Beispiel „Die Kunst, andere mit seinen Reiseberichten zu langweilen“. Der französische Journalist Matthias Debureaux hat jetzt trotzdem ein gleichnamiges Lehrbuch geschrieben (Nagel & Kimche, 12 Euro).
Warum hat er das getan? Ich habe keinen blassen Schimmer. Vielleicht war er scharf auf die zwölf Euro. Das Buch besteht aus 109 Seiten. Das ist fürchterlich lang, wenn man bedenkt, dass ein durchschnittlich begabtes Versuchsäffchen spätestens nach acht dieser Seiten begriffen hat, nach welchen immergleichen Muster der Text gestrickt ist: Debureaux hangelt sich von einem Ratschlag zu anderen, wie man möglichst klischeehaft, öde, selbstgefällig, und witzlos erzählt. Offenbar hält er das für komisch. Mir kam es ab der neunten Seite klischeehaft, öde, selbstgefällig und witzlos vor.
Mit Rücksicht auf meine zunehmende Schläfrigkeit habe ich beim Lesen vorsichtshalber auf jede Form von Alkohol verzichtet. Lieber griff ich zu dem Kinder-Klassiker Roy Rogers: Cola und Grenadin-Sirup im Verhältnis von 10:1, dazu einen Zitronen-Spalt und eine Maraschino-Kirsche. Mein Puls begann nicht gerade zu rasen, aber, immerhin, ich blieb wach. Danach habe ich nochmal das Gleiche gemixt, diesmal mit einem guten Schuss Rum. Als Trost. Nennt sich Rum’n’Roy. Ich hatte es nötig.
2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.