Der Bär, der keine Handys mochte
Heute: Über herrliche Brummigkeiten bei Lesen und Trinken
Umberto Eco war ein Schriftsteller und Professor von bärenhafter Gestalt. Doch manchmal verließ ihn seine bärenhafte Gutmütigkeit und er wurde brummig. Zum Beispiel als ihn Zuhörer bei einem Vortrag immerzu mit ihren Handy-Blitzlichtern blendeten. Sie sollten, sagte er, lieber zuhören, statt Bilder zu machen. Ihn permanent zu fotografieren wäre nur gerechtfertigt, wenn er nicht als Professor arbeitete, sondern als Stripper.
Einige seiner unzeitgemäßen Brummigkeiten hat er noch vor seinem Tod 2016 zusammengefasst in dem Band „Pape Satàn“ (Hanser, 20 Euro). Er habe, schreibt Eco, seinen Fotoapparat schon als junger Mann weggeschmissen, als er von einer Reise haufenweise Fotos mitbrachte, aber sich nicht mehr erinnern konnte, was er tatsächlich erlebt hatte. Die Unfähigkeit vieler Leute, den Blick wenigstens auf offener Straße mal vom Handy zu lösen, nennt er den „Wahnsinn“ einer Menschheit, die „nicht mehr die Umgebung betrachtet, nicht mehr über Leben und Tod nachdenkt, sondern wie besessen redet und redet, fast immer ohne etwas zu sagen“.
Ich weiß nicht, was Eco trank, wenn er mal in einer Bar saß und redete und redete. Nach einem guten Essen beim Italiener servierte man mir einen Grappa Orso Bruno. Orso heißt auf Italienisch Bär. Tatsächlich war der Drink bärenstark und höllisch gut und die Flasche so verbogen, als hätte ein Bär sie zu öffnen versucht.
2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.