Irgendwo im nirgendwo der mongolischen Steppe
Heute: Über das Ende der Landlust beim Lesen und Trinken
Manche Menschen mögen keine Städte. Sie leben gern zwischen Feld, Wald und Wiese. Schön. Andere Menschen sehen das anders, Karl Marx zum Beispiel sprach vom „Idiotismus des Landlebens“. Als Kind der Südeifel im frühen 19. Jahrhundert wusste er verdammt genau, wovon er da sprach. Aber das ist lange her, und wer glaubt heute noch an Karl Marx? Nicht mal Sahra Wagenknecht.
Andrea Diener hat sich in einigen echt öden Weltwinkeln rumgetrieben für ihr Buch „Ab vom Schuss“ (Rowohlt, 14,99 Euro). Ihr Resümee lautet bündig: „Provinz ist da, wo Landlust aufhört.“ Sie ist eine Frau mit Witz und Stil und Verstand. Selbst den verstaubtesten Gegenden kann sie wahlweise ein wenig Charme oder zumindest eine Pointe abgewinnen. Sie spielte Minigolf im Westharz. Besuchte einen Vergnügungspark in der chinesischen Kleinstadt Kaifeng. War zu Gast in einer insolventen Glasbläserei in Slowenien. Streifte durch ein russisches Museum irgendwo in der mongolischen Steppe. Kurz, sie schreckte vor nichts zurück. Aber sie lebt in Frankfurt, umgeben von Hochhäusern.
Voller Bewunderung hebe ich mein Glas auf Frau Diener und ihren Mut. Sicherheitshalber habe ich das Glas zuvor füllen lassen mit einem Cosmopolitan-Cocktail: 3 cl Wodka Zitrone, 1 cl Cointreau, 4 cl Cranberrysaft, 1 cl Limettensaft. Das ist der favorisierte Drink aus „Sex and the City“. Betonung liegt eindeutig auf „City“.
2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.