Der Virtuose des Wutausbruchs
Heute über: Die Lust am Zorn beim Lesen und Trinken
Thomas Bernhards Talent für Beleidigungen und Verunglimpfungen aller Art ist legendär. Er war ein Hochleistungs-Hasser, ein wahrer Champion des Hate-Speech. Raimund Fellinger hat jetzt eine exzellente Kollektion seiner „Städtebeschimpfungen“ zusammengestellt (Suhrkamp, 9 Euro).
Lüttich war in Bernhards Augen „hässlich“, Lübeck „grauenhaft“, Freiburg „entsetzlich“, Chur „trübsinnig“.
Bremen „verabscheute“ er, und „zwar vom ersten Moment an“.
Oslo nannte er „nervenzerstörend“, Montreux ein „kaltes Loch“, Stockholm „öde“ und Neapel „allertiefste Provinz“.
Von Passau hielt er gar nichts: „Vor Hilflosigkeit und Hässlichkeit und widerwärtiger Plumpheit strotzend“.
Regensburg war für ihn „kalt und abstoßend“. Salzburg „kunst- und geistfeindlich“. Wien ein „Friedhof“. Augsburg eine einzige „Lechkloake“.
Ja, selbst Paris fand er „abscheulich“: eine „verstaubte Wüste“.
Lustig, nicht wahr? Wer je Louis de Funès sah oder Giovanni Trapattonis „Ich habe fertig“-Rede hörte, weiß, wie komisch rasende, permanente, überschäumende Wut sein kann. Lässt sich all der politische Hass, von dem derzeit so viel die Rede ist, vielleicht einfach bei einem guten Cocktail niederlachen und kaputtkichern? Ich würde dazu einen Laughing Buddha empfehlen: 6 cl Wodka Citron, 3 cl Limettensaft, 3 cl Ingwerbier, drei Ingwerscheiben und etwas Serrano-Pfeffer. Scharf macht lustig.
2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.