Stroh dreschen und dummdreist angeben
Heute: Bittersüße Selbstprüfung beim Lesen und Trinken
Ist ja viel von Lügenpresse die Rede in letzter Zeit. Ich halte das zwar für eine ihrerseits übel verlogene Hetzkampagne. Aber als Ansporn, in der eigenen journalistischen Arbeit besser zu werden, kann so eine pauschale Verleumdung dennoch nützlich sein.
Der begnadete Kolumnist Max Goldt zitiert in seinem neuen Buch „Lippen abwischen und lächeln“ (Rowohlt, 24,95 Euro) den hässlichsten Satz der deutschen Sprache, der ihm je unterkam. Er stammt aus einer Theaterkritik: „In schonungslos verknappter Sprache bringt er die alltägliche Gewalt auf die Bühne und liefert so eine radikale Bestandsaufnahme des Lebensgefühls einer Generation.“
Das Schreckliche daran: Derlei hohles Gepupe ist in Feuilleton und Kulturbetrieb leider keineswegs selten. Es ist zwar nicht verlogen, aber grundfalsch. Und wichtigtuerisch. Und strunzdoof. Jeder, der seine Zeitung nach so einem Satz umgehend im Kamin abfackelt, hat meinen Segen.
Nun arbeite ich selbst im Feuilleton – und wer im Glashaus sitzt, der werfe lieber nicht den ersten Stein. Oder so ähnlich. Stattdessen habe ich mich mit Goldts sprachgewaltigem Buch und einem naturgemäß bittersüßen Cocktail namens „The Journalist“ zur weiteren nun doppelt genussvollen Lektüre zurückgezogen: 60 ml Gin, 15 ml trockener und 15 ml süßer Wermut sowie 8 ml Orange Curañao, 8 ml Zitronensaft und ein Spritzer Angosturabitter.
2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.