+++ Breaking News: Bewaffneter Überfall auf Sparschwein +++
Heute: Über die herrlichsten pädagogischen Misserfolge beim Lesen und Trinken
Klar, auch ich habe unsern Kindern Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen. Besonders beliebt, wenn auch ein klein wenig zu kurz, war Luis Murschetz’ Buch „Maulwurf Grabowski“. Während Grabowski am Ende der Geschichte in „tiefen, wonnigen Schlaf“ fällt, waren unsere Jungs oft noch ein bisschen wach. Also habe ich immer weiter- und mit ruhiger Stimme das Impressum vorgelesen: „Alle Rechte vorbehalten. Copyright 1972. Diogenes Verlag AG Zürich. ISBN 978 3 257 01201 9“. Da wurden die Kinderäuglein klein und leer und schlossen sich, und ich deckte die Burschen zu.
Jetzt habe ich wieder eine perfekte Gute-Nacht-Geschichte gefunden: „Das Sparschwein“ von Etgar Keret (Atrium, 15 Euro). Allerdings sollten nicht die Eltern den Kindern, sondern die Kinder ihren Eltern das Buch abends zum Einschlafen vorlesen. Denn sie zeigt, wie oft die Kinder aus den präzise kalkulierten erzieherischen Maßnahmen der Eltern etwas ganz anderes lernen, als die Eltern beabsichtigt hatten: Ein kleiner Junge wünscht sich sehnlichst eine Bart-Simpson-Figur, der Vater schenkt ihm aber nicht die Figur, sondern ein Sparschwein, damit er sparen und sich seinen Bart-Simpson-Traum irgendwann selbst erfüllen kann. Große Pädagogik. Tatsächlich stopft der Junge Tag für Tag jede Münze, die er kriegt, ins Schwein, bis es irgendwann voll ist – und tut dan etwas, womit der Vater niemals gerechnet hätte. Und am Schluss der Geschichte schläft dann der Vater ein, und der Junge deckt ihn zu.
Da der kleine Kerl so leider nie an seiner Bart-Simpson-Figur kommt, habe ich ersatzweise einen Bart-Simpson-Cocktail auf ihn getrunken: 4 cl Wodka, 4 cl Galliano, 1 cl Vanillesirup, dazu Eis, Maracuja- und Orangensaft. Bart ist der Rebell, der Anarchist der Familie Simpson. Der Drink jedoch hat nichts Rebellisches, sondern ist so fröhlich und unbeschwert, wie Jungs es seien sollten, wenn sie ihre Väter gerade einmal nicht erziehen müssen.
2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.