Man ist so alt, wie man sich trinkt
Heute: Über sensationelle Abgänge beim Lesen und Trinken
Das zunehmende Alter macht den Körper nicht schöner, aber interessanter. Es wird super, super spannend, wenn man morgens nach dem Aufwachen checkt, wo es heute wehtut. Der eigene Körper als Abenteuerspielplatz: Man glaubt gar nicht, über wie viele Systeme er verfügt, die plötzlich versagen können und die man vorher gar nicht kannte. So bietet er ideale Weiterbildungschancen. „Lebenslanges lernen“ bekommt ganz neue Bedeutungsnuancen.
Als Mann hat man es mit dem Alter natürlich leichter als Frauen. Solange man nicht mit Trainingshose, Bierflasche und Feinrippunterhemd auf der Parkbank sitzt, gilt man als gut angezogen. Susanne Mayer beschreibt in „Die Kunst, stilvoll älter zu werden“ (Berlin, 20 Euro) wie viel schwieriger das für Frauen ist. All die Kleider, Cremes und Ayurveda-Kuren um die Formen zu wahren. Bewundernswert. Noch besser aber ist, was sie von der Fotografin Lisl Steiner erzählt, die schrill und grell und sehr laut keine Form wahrt, sondern mit 88 Jahren raustrompetet: „Ich werde jeden Tag primitiver.“
Fabelhaft. Ein Ziel, aufs innigste zu wünschen, wie der jung verstorbene Hamlet sagt. Und Alkohol ist, umfangreich eingesetzt, ein großartiges Mittel, beides nachdrücklich voranzutreiben, sowohl das Altern wie das Primitiverwerden. In Schottland trank ich jetzt einen zehn Jahre jungen Talisker Whisky. Ein kräftiger, rauchiger Single Malt mit gewaltigem, würzigen Abgang. Passt perfekt.
2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.