Die liebe Familie – und wie man sie loswird
Heute: Über das zutiefst Böse beim Lesen und Trinken
Das Beste an der Literatur ist, dass man sich als Schriftsteller jeden Wunsch erfüllen kann. Zwar nicht unbedingt in finanzieller Hinsicht, da sieht’s mau aus, dafür aber in der Fantasie. Umberto Eco sagte mal, in einer bestimmten Phase seines Lebens habe er unbedingt einen Mönch umbringen wollen. Also schrieb er „Der Name der Rose“, in dem Mönche reihenweise sterben, und konnte sich danach sogar finanziell jeden Wunsch erfüllen.
Die junge Autorin Nele Pollatschek überträgt das Prinzip auf das Genre des Familienromans in „Das Unglück anderer Leute“ (Galiani, 18,99 Euro). Ihre ebenfalls junge Heldin Thele fühlt sich vor allem von ihrer Mutter terrorisiert. Aber genau genommen geht ihr fast die gesamte Sippschaft auf die Nerven. Also wird einer nach dem anderen blutig abgeräumt. Schließlich sogar die Heldin selbst, was für den Leser sehr befriedigend ist, denn Thele ist eine selbstgerechte Schnepfe vor dem Herrn.
Naturgemäß promoviert die Autorin Pollatschek über das Problem des Bösen in der Literatur. Ich denke, es dürfte also ganz in ihrem Sinne sein, wenn ich mich nach ihrem Buch dem Cocktail „The Evil Sour one“ gewidmet habe. Er ist kinderleicht zu mixen: Halb Applejack (amerikanischer Apfelbranntwein), halb Martini rosso. Allerdings ist Applejack derart scharf, bissig und zutiefst böse zum Gaumen, dass ich ihn lieber durch einen guten französischen Calvados ersetze, den fruchtigen, fünf Jahre alten Lecompte zum Beispiel.
2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.