Buch&Bar 65: Heinz Drügh “Ästhetik des Supermarkts”

Kunst und Knusper-Panade

Heute: Über supergeil interpretierendes Lesen und Trinken

Heinz Drügh: "Asthetik des Supermarkts". Konstanz University Press. 19,90 Euro

Wer sich superschöne und supergut gearbeitete Dinge anschauen will, der soll nicht ins Museum gehen, sondern in den Supermarkt, rät Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich. Denn die Künstler, die heute Furore machen, denken oft nur ans Geld und liefen Schrott. Das Warenangebot dagegen wird von klugen Designern, Psychologen, Sozialforschern gestaltet, um uns zum Kauf zu verführen. Wenn wir deren Gedanken analysieren, können wir viel mehr über uns lernen als durch Kunstwerke.

Heinz Drügh führt das in seinem unterhaltsamen Buch „Ästhetik des Supermarkts“ (Konstanz University Press, 19,90 Euro) vor. Er nimmt sich Friedrich Liechtensteins Edeka-Werbevideo „Supergeil“ unter die Lupe als hätte es die Goldene Palma von Cannes gewonnen. Oder interpretiert eine Packung „Ostsee-Dorsch in Knusper-Panade“ so millimetergenau wie ein Gemälde. Was nicht nur Spaß, sondern auch schlauer macht.

Natürlich habe ich mich beim nächsten Einkauf gleich mal vors Getränkeregal gestellt und geschaut, was es da so zu interpretieren gibt.

Offen gestanden, ich hab nichts Superoriginelles gefunden. Liegt bestimmt an mir. Traditionsmarken lieben Vintage-Etiketten. Klarer Schnaps kommt in klaren Flaschen. Was in den abschließbaren Glasvitrinen steht, kommt einem gleich wertvoller vor. Alles ziemlich banal. Klasse fand ich allerdings die französische Destillerie, die für ihren Wodka naturgemäß einen russisch klingenden Namen haben wollte, und sich mit superfeiner Ironie für „Boris Jelzin“ entschieden hat. Zum auf-den-Panzer-steigen lustig.

 

2014 startete BUCH & BAR. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.

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