Vom Zufußgehen in Zeiten des Billigfliegens
Heute: Über vielseitig bewandertes Lesen und Trinken
Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.
Karneval kommt jetzt rasend schnell. Nächste Woche ist er da. Nach den Flüchtlingsmärschen von Sommer wird die Frage: „Wolle mer se rein lasse?“ ganz anders klingen. Bin gespannt, was manche Närrinnen und Narrhalesen in diesem Jahr so als Antwort rufen werden.
Flüchtlinge kommen in der Anthologie „Durch Welt und Wiese oder: Reisen zu Fuß“ (Andere Bibliothek, 42 Euro) allerdings nur am Rande vor. Stattdessen haben Ilija Trojanow und Susann Urban Geschichten von freiwillig wandernden oder flanierenden Schriftstellern gesammelt. Was dem fabelhaft schön gemachten Buch so einen lustvollen Weltgenießer-Sound mitgibt. Zugegeben, ich bin nicht sicher, ob Johann Gottfried Seumes Behauptung, „dass alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge“ zutrifft – der Mann nannte selbst seinen Marsch von Sachsen nach Syrakus einen Spaziergang. Aber sicher ist, zu Fuß kriegt man mehr mit von der Welt. „Wer ausschreitet, der lernt mit der ganzen Körper sehen“, schreibt Trojanow. Vermutlich haben im Sommer also die Flüchtlinge am meisten über Europa gelernt.
Den Kalauer, als Drink zu diesem Buch Johnnie Walker zu empfehlen, spare ich mir. Vor einer beschwingten Kurzwanderung (zur nächsten Tanzkneipe) hat mir kürzlich Lillet Blanc gut geschmeckt, ein Aperitif aus Wein, Zitruslikör und Chinarinde. Und gemischt mit Sekt ist er leicht genug, nicht zu Wegfindungsstörungen zu führen.
2014 startete BUCH & BAR im Focus. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.