Buch&Bar 54: F.Scott Fitzgerald “Die Strasse der Pfirsiche”

Der Tag, an dem Methusalem platzte

Heute: Über wachholderfeuriges Reisen, Lesen und Trinken

F.Scott Fitzgerald: "Die Strasse der Pfirsiche". Übersetzt von Alexander Pechmann. Aufbau Verlag. 16,95 Euro

Ja jetzt, im nebelnieselnassen Winter, wenn Sonne und Farben Trübsal blasen, ist der richtige Moment gekommen für die „Straße der Pfirsiche“ (Aufbau, 16,95 Euro). F.Scott Fitzgerald war erst 23, aber schon ein gefeierter Bestsellerautor als ihm das Sauwetter in Connecticut auf die Nerven ging und ihn beim Frühstück die erregende Erinnerung an die Biscuits und Pfirsiche Alabamas überwältigte. Also stand er vom Tisch auf, packte einen Haufen Geld sowie die frisch geheiratete Drama-Queen Zelda ins Auto und machte sich auf den 1200 Meilen weiten Weg gen Süden.

Im Jahr 1920! Will sagen: Selbst in USA waren noch nicht alle Straßen asphaltiert und die Lebenserwartung des gebrechlichen Wagens der Fitzgeralds, ein Marmon 34, schätzte das schmierölverschmierte Fachpersonal an den Tankstellen allenfalls noch nach Tagen. Tatsächlich wurde das Auto während der Fahrt vom eigenen Rad überholt, befreite sich die Karosserie mehrfach vom Fahrgestell, sprang die Batterie verzweifelt über Bord und platzen die Reifen so oft, dass Fitzgerald sie auf vielsagende Namen wie Lazarus und Methusalem taufte. Zugegeben, als Mechaniker war er eine Niete, aber ich kenne niemanden, der seine Unfähigkeit mit so viel Charme, Anmut und radikaler Offenheit beschreibt, wie er in diesem Reisebericht.

In den USA herrschte damals Prohibition. Also nennt Fitzgerald, den Gin, der ihm auf den langen Etappen in den Süden neues Feuer verlieh, hier „Wacholderöl“. Es gehört auch zu dem stilvollen Cocktail, der nach ihm benannt wurde. Zwei Teile Gin, ein Teil Zitronensaft, ein Teil Zuckersirup und zwei Spritzer Angostura gut durchgeschüttelt nennt man in den Bars dieser Welt einen Fitzgerald. Ein flüssiger Gedenkstein für einen großen Schriftsteller. Er war erst 44, als ihn der Gin umbrachte.

 

2014 startete BUCH & BAR im Focus. Die Kolumne ist schon deshalb absolut unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.

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