Buch & Bar (33): Ari Turunen “Kann mir bitte das Wasser reichen?”

Von Demut und anderen Lastern

Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.

Heute: Über zwiespältiges Lesen und eindeutiges Trinken

Arrogant sind immer nur die anderen. Ist Ihnen das schon mal aufgefallen? Fast jeder hält sich selbst für die Bescheidenheit in Person. Ich mich natürlich auch.

Ari Turunen: "Kann mir bitte jemand das Wasser reichen? Eine kurze Geschichte der Arroganz". Übersetzt von Gabriele Schrey-Vasara. Verlag Nagel & Kimche 2015. 19,90 Euro

Schon deshalb war das Buch „Kann mir bitte jemand das Wasser reichen?“ (Nagel & Kimche, 19,90 Euro) von Ari Turunen eine wahre Labsal für mich. Er erzählt darin eine „kurze Geschichte der Arroganz“ und beweist auf jeder Seite mehrfach, dass Hochmut geradewegs vor dem Fall kommt. Denn Menschen mit überschäumendem Selbstbewusstsein hören a) nicht auf Ratschläge, b) unterschätzen ihre Gegner, c) halten sich für fehlerlos und d) leugnen objektive Probleme. Sie scheitern also an sich selbst. Wie schön.

Nur leider scheitern ebenso all jene, die a) zu gern auf Ratschläge hören, b) Gegner überschätzen, c) überall eigene Fehler oder d) angeblich objektive Probleme sehen. Pure Bescheidenheit ist also auch keine Lösung. Doch vor deren Gefahren warnt Turunen nicht.

In seinem lateinischen Ursprung bedeutet „arrogans“ nicht nur anmaßend, sondern auch anspruchsvoll. In diesem Sinne hat der Tequila „Arrogante“ den passenden Namen. Der 18 Monate im Fass gereifte Arrogante Añejo ist zwar hierzulande nicht leicht zu bekommen (zeetequila.com). Aber auf seinen verführerischen Beigeschmack von Vanille und Karamell kann er meines Erachtens ganz unbescheiden stolz sein.

Die Kolumne erschien im Focus vom 15. August 2015. 
2014 startete meine Kurz-Kolumne Buch & Bar im Focus. Sie ist schon deshalb unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.
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Eine Antwort auf Buch & Bar (33): Ari Turunen “Kann mir bitte das Wasser reichen?”

  1. Das finde ich wunderbar kurzgefasst und gut ausgedrückt. Auch den Hinweis auf Tequilla Arrogante fand ich sehr anregend.

    Ich schreibe auch Kritiken, aber nur, wenn es mich absolut in den Fingern juckt, so wie bei dem Buch von Julia Friedrichs “Wir Erben”..
    Es hat überhaupt keine Substanz, niemand wurde interviewt, aber im Deutsch-landfunk wurde darüber geredet, im Literaturhaus in Hannover stellte sie dieses schlecht geschriebene Buch vor…
    Meine Kritik daran, hat wohl Hannovers Grenzen nicht überschritten, da ich sie an das Kulturamt und das Literaturhaus schickte…

    Wenn das so weitergeht, dass nur noch Gefälligkeits-Kritiken geschrieben werden, dann bringt man mich als Vielleserin noch dazu, kein Buch mehr anzurühren….

    Beste Grüße
    Ulla Smielowski

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