Die Hammer-Weisheiten der alten Römer
Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.
Heute: Über zart klassischerkritisches Lesen und Trinken
Ein Freund hielt es für eine gute Idee, mir zum Geburtstag Ciceros Büchlein „Keine Angst vor Älterwerden!“ (Reclam, 8,80 €) zu schenken. „Prima“, bedankte ich mich mit zusammengebissenen Zähnen, „ganz wunderbar.“ Da ich sorgfältig vermeide, über’s Älterwerden nachzudenken, habe ich auch nur wenig Angst davor. Bislang. Aber so ein Buch kann einen ja auf alle möglichen Gedanken bringen, vielleicht sogar auf die, Angst zu kriegen.
Glücklicherweise entpuppte es sich als ein antiker Komplett-Schmarrn. Cicero legt seine sehr überschaubaren Weisheiten dem gut achtzigjährigen Cato in den Mund. Der ganze Text soll angeblich ein Gespräch sein, aber Cato dauermonologisiert derart stur und selbstgefällig vor sich hin, bis ich die Gewissheit, dass auch er nicht unsterblich war, recht wohltuend fand. Klar, meint Cato, in der Jugend ist man fitter und hat mehr Spaß am Sex. Aber im Alter kriege man einen Schreibtischjob, käme also ohne Fitness aus und Sex sei eh unvernünftig und halte nur ab von den wirklich wichtigen Dingen: Feldzüge anführen, Staatschef werden, Geschichte machen.
Wow, ich wüsste echt nicht, wie ich zurechtkommen könnte ohne solche Weltklasse-Weisheiten. Zum Dank für das schöne Geschenk habe ich den Freund dann auf einen Cocktail in meine Lieblingsbar eingeladen. Ihm habe ich Kamillentee bestellt, mir einen Sex on the Beach. Mir hat’s geschmeckt.
Die Kolumne erschien im Focus vom 25. Juli 2015. 2014 startete meine Kurz-Kolumne Buch & Bar im Focus. Sie ist schon deshalb unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.