Der Spleen als ewiger Quell der Freude!
Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.
Heute: Über vergnügt exzentrisches Lesen und Trinken
Wer mich zum Lachen bringt, dem bin ich dankbar. Nur wenigen Leuten ist das so gut und oft und bauchmuskelzerrend gelungen wie John Cleese, Mitglied und Mit-Texter der göttlich begnadeten Monty Python. Jetzt ist seine Autobiographie erschienen mit dem eher kuriosen als unvergesslichen Titel „Wo war ich noch mal?“ (Blessing Verlag, 22,99 Euro). Darin verrät er ein paar eherne Regeln der Comedy. Eine davon lautet: „Je kürzer, desto komischer.“
Sein Buch zählt 480 Seiten. Mit anderen Worten: Es ist nicht komisch. Und auf all den vielen Seiten erzählt er kaum etwas über Monty Python. Beides hat mich, offen gestanden, ein wenig enttäuscht. Dankbar bin ich Cleese trotzdem, weil er, wie es vielleicht nur Briten können, ein fabelhaftes Vergnügen am Exzentrischen vermittelt: Spleens oder Schrullen seine Mitmenschen, über die sich andere schnell mal ärgern würde, macht er zum heiter sprudelnden Quell der Freude. Vorbildlich.
Als ich jüngst in Cornwall war, fand ich in einem Pub mit Meerblick einen recht exzentrischen Cider. Es war ein Apfelschaumwein vollständig aus Birnen. Sofort war mein Misstrauen geweckt und wenige Momente später meine Begeisterung. Der Pear Cider vermittelte eine leicht süßsaure gute Laune, die ich in angenehmster Erinnerung habe. Der Mann hinter der Theke empfahl mir folgende Quelle: http://www.cornishorchards.co.uk/pear-cider/b5. Ich habe es nicht bereut. Auch nicht am nächsten Morgen.
Eine Kollegin schwört dagegen auf die französische Variante Poiré Authentique: http://www.weinart.de/frankreich/normandie/eric-bordelet/poire-authentique-2013.htm
Die Kolumne erschien im Focus vom 6. Juni 2015. 2014 startete meine Kurz-Kolumne Buch & Bar im Focus. Sie ist schon deshalb unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das, worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.