Nicht immer flüssig, aber auch nicht überflüssig
Weltbild braucht einen neuen Eigentümer. Um Thalia gibt es Verkaufsgerüchte. Zusammen bringen beide Unternehmen 25 Prozent des gesamten Branchen-Umsatzes auf die Waage. Wie groß sind die Sorgen wirklich, die sich die Buchhändler angesichts solcher Zahlen machen müssen? Vier Fragen an Hartmut Falter, Chef der drittgrößten Buchhandelskette Mayersche.
Zum Start der Leipziger Buchmesse ein Seitenblick auf die aktuelle Lage des Buchhandels
Literaturkritiker sind üblicherweise keine Fachleute für betriebs- oder gar volkswirtschaftliche Fragen. Keine Schande also, wenn sie sich bei Kennern der Materie über die aktuelle Lage der Buchbrache aufklären lassen.
Je größer, umso besser – schien lange die simple Rechnung der Buchhandelsketten zu lauten. Doch seit E-Books und Buchkauf per Internet immer wichtiger werden, wirken die Buchverkaufspaläste in den Innenstädten oft wie Dinosaurier kurz vorm Aussterben.
Der gesamte deutsche Buchmarkt verzeichnet einen Umsatz von knapp zehn Milliarden Euro. Rund 1,6 Milliarden davon gehen auf das Konto der Augsburger Verlagsgruppe Weltbild, von der sich der Eigentümer, die katholischen Kirche Deutschlands, seit November „ohne Verzug“ trennen möchte. Seit ein paar Wochen sind Gerüchte im Umlauf, auch die knapp 300 Buchhandlungen der Kette Thalia mit 900 Millionen Umsatz stünden zum Verkauf.
Grob gerechnet – und ein Wirtschafts-Laie wie ich darf vielleicht etwas gröber rechnen – sehen damit derzeit 25 Prozent, also ein glattes Viertel des Buchmarkts, einer unklaren Zukunft entgegen. Der Buchhandel sei, sagte Thalia-Chef Michael Busch kürzlich eine „Branche im Tsunami“.
Um mehr zu erfahren, habe ich also einen Kenner der Materie gefragt: Hartmut Falter, ist Chef der Mayerschen, die mit knapp 50 Filialen, rund 1000 Angestellten und ca. 175 Millionen Jahresumsatz die drittgrößte Buchhandelskette in Deutschland ist. Falter sieht die Lage des Buchhandels lange nicht so düster, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat – und geht die Probleme mit erfrischendem Pragmatismus an.
Uwe Wittstock: Wie können die Buchhandelsketten mit großflächigen Filialen auf den Trend zum E-Book bzw. zum Internet-Versand reagieren?
Hartmut Falter: Durch ein hohes Maß an Flexibilität und Intelligenz – schauen Sie vergleichsweise, wie die Automobilindustrie auf die E-Mobilität reagiert. Im unserem speziellen Fall heißt das u.a.: Ständige Sortimentsoptimierung und eigene E-Commerce-Aktivitäten. Wir haben enorme Zuwachsraten im Internet und profitieren vom Multichannel-Ansatz.
Wittstock: Im vergangenen Jahrzehnt hieß es immer, die kleinen und mittleren Buchhandlungen seien in der Existenz bedroht. Können sie den kommenden Umbrüchen gelassener entgegen schauen als die Ketten?
Falter: Die Großen stehen natürlich automatisch im Rampenlicht. – Die Situation fordert allerdings die gesamte Branche, unabhängig von ‘Groß’ oder ‘Klein’. Die mediale Diskussion ist hysterisch und entspricht nicht dem derzeitigen Kundenverhalten.
Wittstock: Erwarten Sie durch illegale Downloads von E-Books ähnliche Umsatzeinbrüche auch dem Buchmarkt, wie sie die Musikindustrie auf ihrem Markt in den letzten Jahren erlebt hat?
Falter: Kurz gesagt: Nein.
Wittstock: Wenn große soziale Netzwerke wie Facebook oder Suchmaschinen wie Google künftig Bücher vertreiben und verlegen – werden dann nicht sowohl die alten Verlage als auch der traditionelle Buchhandel weitgehend überflüssig?
Falter: Nein. Die sozialen Netzwerke sind ein “Heimspiel” für Unternehmen, die – so wie wir – von den Kunden als kulturelle Institution vor Ort gesehen werden.
Wie es nun wirklich um den Buchhandel steht ist wahrscheinlich sehr schwer zu fassen. Und um ehrlich zu sein, das ist auch ein so breites Spektrum, da ist es nur natürlich dass das jeder ein wenig anders sieht. Wenn mein Namensvetter Michael Busch von Thalia (nicht verwandt, nicht bekannt) die Buchbranche als Tsunami sieht, dann schwingt in dieser Wahrnehmung sicher auch einiges der hausgemachten Problem von speziell seinem Laden mit. Erfrischend, dass andere Große eine andere Sicht vertreten.
Aber am im vorherigen Kommentar geschilderten Problem wie ein “echter” Buchladen aussehen sollte, ändern natürlich auch verschiedene Sichtweisen nichts. Ein bisschen erinnert mich das immer an den Film “Email für Dich” : kleiner Buchladen mit Charme und Persönlichkeit kämpft gegen Bücherkette mit unpersönlichem, unqualifiziertem Personal. Gibt es eine Lösung dafür? Ich weiß es nicht – hoffen wir das Beste…
Michael Busch
Dass die Mayersche eine kulturelle Institution sei, kann ich als Aachenerin wirklich nicht unterschreiben. Denn hier steht nichts anderes als ein Kaufhaus dieses Namens, das unter anderem auch Bücher verkauft. Unter anderem, denn außerdem gibt es hier jede Art Chichi, die gerade im Trend liegt (Duftöle, Hot Stones, Muffin-Backformen, Halloween-Zubehör…) Was sich dort nicht findet, ist kompetentes Personal, das sein Sortiment kennt und den Kunden beraten könnte.
Veranstaltungen finden dort tatsächlich statt, aber dazu braucht man keine Mayersche – man geht einfach ein paar Häuser weiter zu “Schmetz am Dom”, wo es nicht nur fachkompetente und zugewandte Beratung gibt, sondern auch die spannenderen Autorenlesungen und dazu oft ein Glas Wein zu einem fairen Preis.