Die hohe Kunst, die Wähler einfach abzuschaffen
Heute: Über tiefe Ernüchterung beim Lesen und Trinken
Zu den plattesten Plattitüden gehört der Satz, Politik sei ein schmutziges Geschäft. Und falsch ist er außerdem: Politik ist nämlich vielmehr ein sauschmutziges Geschäft.
Passend zum Wahlkampf in Amerika, legt der Reporter Greg Palast jetzt seine Beweise für die Manipulation von US-Wahlen vor: „Gern geschehen, Mr. President!“ (Haffmans & Tolkemitt, 14,95 Euro). Mit allerlei Tricks werden Millionen Wähler aus den Wahlverzeichnissen gestrichen oder ihre Stimmen für ungültig erklärt, weil sie als Latinos, Schwarze oder Immigranten traditionell mehrheitlich Kandidaten der Demokraten wählen. Bei der Wahl, die George W. Bush im Jahr 2000 nach endlosen Querelen gegen Al Gore für sich entschied, sollen auf diese Weise über vier Millionen Stimmen für ungültig erklärt worden sein, schreibt Palast. Donald Trump hat im gegenwärtigen Wahlkampf mit dem Satz „Es gibt Leute, die wählen viele, viele Male!“ bereits das Argument vorgegeben, mit dem angebliche Mehrfachwähler heimlich um ihre Stimme gebracht werden sollen.
Aber weshalb geht die Demokratische Partei gegen diesen Bertrug nicht vor? Weil sie, zeigt Palast, bei Wählerschichten, die den Republikanern zugerechnet werden, das Gleiche betreibt, wenn auch in geringerem Umfang. Ein zutiefst ernüchterndes Buch.
Apropos nüchtern. Im Rahmen der Buch-&-Bar-Kolumne wären hier natürlich Ratschläge fällig, um diesem Zustand abzuhelfen. Mir scheint das aber in diesem Fall fehl am Platz. Die Demokratie gerät auch in Old Europe mehr und mehr in Gefahr. Um sie zu bewahren, werden wir alle einen klaren Kopf brauchen. Der empfohlene Drink deshalb: kühles, reines Mineralwasser.