Buch & Bar (18): Jack London “Der Mexikaner”

Stünden Sie gern mal mit Mike Tyson im Ring?

Klar, Essen ist auch wichtig. Aber in dieser Kurz-Kolume BUCH & BAR geht es nur um Lesen und Trinken. Warum? Weil beides, in richtiger Qualität und Dosierung, einen kostbaren Fingerbreit über die klägliche Wirklichkeit hinausheben kann.

Heute:Über körperorientiertes Lesen und Trinken

Jack London: "Der Mexikaner" Übersetzt von Regine Strotbek. Mit Illustrationen von Andrea Grosso Ciponte. Edition Faust, Frankfurt am Main 2015. 18 Euro

Boxen ist ein archaischer, ungebändigter, barbarischer Sport. Doch ausgerechnet die Dichter lieben ihn. Lord Byron, Hemingway, Sartre oder Norman Mailer boxten selbst. Kleist, Brecht, Musil oder Joyce Carol Oates schrieben drüber. Warum? Einige der wichtigsten Erfahrungen, von denen Literatur berichtet, sind körperlicher Art: Geburt, Tod, Sex, Schmerz – und kein anderer Sport ist von so direkter, brutaler Körperlichkeit wie das Boxen.

In Jack Londons Boxer-Erzählung Der Mexikaner, die jetzt neu erschienen ist (Edition Faust, 18 Euro), tritt ein dämonischer, von Hass beseelter Mexikaner gegen einen freundlich lächelnden, leichtherzigen Amerikaner an. Doch so, wie London die Sympathien der Leser lenkt, stehen sie ganz auf Seiten des Finsterlings. Denn der steigt nicht für Geld, sondern für die mexikanische Revolution in den Ring. Ich las die Geschichte jetzt zum dritten Mal und habe mich wieder dabei erwischt, wie ich gegen Ende fiebernd durch die Seiten hetzte, als wüsste ich nicht, wie der Kampf ausgeht.

Pflichtgemäß muss zu dieser Erzählung ein Knock-out getrunken werden, ein Tequila-Cocktail mit Galliano-Likör, Zitronen- und Orangensaft. Aber Vorsicht, achten Sie darauf, dass er mit 100 Prozent reinem Agave-Tequila gemixt wird! Mixto-Tequila kann entsetzlicher Fusel sein, nach dem der Kopf schmerzt, als hätte man drei Runden im Ring verbracht mit Mike Tyson.

Die Kolumne erschien im Focus vom 2. Mai 2015. 
2014 startete meine Kurz-Kolumne Buch & Bar im Focus. Sie ist schon deshalb unverzichtbar, weil sie dem weltbewegenden Zusammenhang zwischen Lieblingsbegleiter BUCH und Lieblingsaufenthaltsort BAR nachgeht, zwischen Geschriebenem und Getrunkenem, zwischen der Beschwingtheit, in die manche Dichter ebenso wie manche Drinks versetzen können. Also haargenau das,  worauf jeder überzeugte Büchersäufer immer schon gewartet hat – weshalb ich die Kolumnen hier gern frisch auf die Theke meines Blogs serviere.
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